Heft 
(1955) 4
Seite
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freundlich beisammen, schmauste auf Vorschub, und dem jungen Paar wurden die besten Wünsche, teils sogar in poetischer Form ausge­sprochen.

In einer eigens dazu bestimmten Stube begannen sich die Geschenke zu türmen.

Kein Wunder bei 300 Gästen. Es ist vorgekommen, daß man 18 Kaffee­service geschenkt bekam.

Draußen tobte die Schuljugend. An einer alten Tür, die an einen Baum gelehnt worden war, zerschlug man defektes Porzellan und Steingut. Mit Glas zu poltern wäre unerhört gewesen, denn man wollte doch nicht das Glück des jungen Paares zerschneiden. Ab und zu wurden Sprechchöre laut:

Brut un Brüjam solln nich läven, wenn se uns keen Koken gäven, die erst verstummten, wenn die Schreier den Mund voll Streuselkuchen hatten, den die Braut verteilte.

Am nächsten Morgen war das junge Paar sehr zeitig dabei, die glück­bringenden Scherben zu beseitigen, denn vor Sonnenaufgang mußte die Arbeit getan sein. Dann hieß es sich rüsten für den Gang aufs Standes­amt. Schon sehr zeitig war die Musikkapelle eingetroffen. Der ChoralLobet den Herren erklang für das Brautpaar. Nachdem sich die Musikanten, es waren manchmal bis zu 30 Stück, die Musikmeister Wedel aus Wittenberge schickte, bei einem kräftigen Frühstück gestärkt hatten, nahmen sie vor dem Hause Aufstellung und begrüßten die ankommenden Gäste mit frohen Melodien.

Auf geschmückten Kutschwagen mit den besten Pferden, die das nickel­beschlagene Kutschgeschirr trugen, trafen diese ein, wollten doch alle Bauern ihren Stolz, die schönen feurigen, selbstgezogenen, Brandenbur- gischen Warmblutpferde zeigen.

Die Köstenbitter hatten alle Hände voll zu tun, die Gäste zu begrüßen und ihnen ihre Absteigequartiere anzuweisen.

Auf dem Hof des Hochzeitshauses war ein großes Zelt aufgeschlagen, das die Brauerei in Wittenberge gerne zur Verfügung stellte, und hier gab es den ganzen Vormittag Frühstück, bestehend aus Bratwerk und Stuten.

Um 14 Uhr ging es unter dem Geläut der Kirchenglocken zur Trauung Vorneweg die Musik mit dem ChoralJesu, geh voran. Dann die jungen Leute, geführt von den Köstenbittern. Es folgten die Brautleute, vor denen kleine Kinder aus der Verwandschaft Blumen streuten, während andere die Schleppe des Brautkleides trugen. Den Schluß bildeten die Verheirateten.

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