Heft 
(1955) 4
Seite
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seine? Frankfurter Freundes, des kunstsinnigen Bankiers Johann Jakob von Willemer,Wir saßen, schreibt Boisseree unter dem 15. September 1815 in sein Tagebuch,in der schönen warmen Abendluft auf dem Balkon. Goethe hatte der Willemer ein Blatt des Ginkgo biloba als Sinnbild seiner Freundschaft geschickt aus der Stadt. Man weiß nicht, ob es eins, das sich in zwei teilt, oder zwei, die sich in eins verbinden. So war der Inhalt des Verses. In demEins und Doppelt schien Goethe der geheime Sinn des Blattes zu liegen. Eins und doppelt ist der Liebende in seiner Liebe. Eins und doppelt aber ist auch der Rhythmus, der Pulsschlag des Lebens. Und so fügen sich diese Verse aufs wunderbarste jenem großen Thema ein, um das die Gedichte desWest-östlichen Divans kreisen. Wir lassen die Verse folgen:

Ginkgo biloba

Dieses Baumes Blatt, der von Osten Meinem Garten anvertraut,

Gibt geheimen Sinn zu kosten, Wies den Wissenden erbaut.

Ist es ein lebendig Wesen,

Das sich in sich selbst getrennt? Sind es zwei, die sich erlesen,

Daß man sie als eines kennt?

Solche Fragen zu erwidern Fand ich wohl den rechten Sinn; Fühlst du nicht an meinen Liedern, Daß ich eins und doppelt bin?

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