Soviel mag berichtet sein aus der frühesten Zeit unserer Stadt. Einge- schlossen in die trockenen Daten der Geschichte ist das menschliche Geschick unserer Vorväter, eingeschlossen sind Glück und Sorge, Leid und frohes Schaffen der Menschen, durch deren Fleiß der Fortschritt sich immer wieder Bahn brach bis in unsere Zeit. Überschwemmungen, Feuersbrünste, Kriegszeit und Notstand haben immer wieder die Entwicklung aufgehalten, aber der Mensch war es immer wieder, der die Hände rührte und über Schutt und Trümmer vorwärts schritt.
Der 30jährige Krieg, der die Burg bis auf die Grundmauern zerstörte, brachte der Stadt eine Wendung ihres Geschicks. Das Bürgertum erwachte und wurde selbstbewußt, es erkannte seinen Wert als die gestaltende Kraft allen städtischen Lebens, und als die Edlen Gänse sich 1669 in ihrer neuen „Burg“, die übrigens nur ein einfacher Wirtschaftshof ohne Söller, Türme und Wehrgraben war, ansiedelten, gärte es bald zwischen der Herrschaft und den Bürgern der Stadt, die ihre Freiheit haben wollten. Allzuviel hatten sie erdulden müssen unter den wechselnden Herrschaften über ihre Stadt, sie wollten nicht mehr länger Handelsobjekt adliger Abenteurer sein. Da gab es endlosen Streit um Gerichtsbarkeit, Strafgelder, Forstungen und Grenzsteine. Die Bürger nahmen ihre Rechte während der Zeit der Abwesenheit der Herrschaft ohne Zögern und unbekümmert in Anspruch. Sie befreiten sich selbst \ on der drückenden Faust, die mit Abgaben, Zöllen und Steuern dem Aufblühen des Bürgerstandes immer wieder entgegenwirkte. Die Federkiele spitzfindiger Juristen kratzten über die Pergamente, und jeder Prozeß kostete harte, mühsam erwoibene Taler. Als dann die I'utlitze 1781 den "alten Besitz nicht mehr halten konnten, war auch die Stadt infolge leerer Kassen nicht in der Lage, die 10 550 Taler Kaufsumme aufzubringen und damit die Selbständigkeit, die Stadthoheit zu erringen. Aber mit dem neuen Herrn, einem Hauptmann Christian Gottfried von Kitscher, hatten die Bürger es gut getroffen, und als um 1814 där alte Herr das Zeitliche segnete, konnte die Stadt schließlich am 21. Juni 1817 von der Erbin Kitschers, einer Frau von Schönermat k, das Besitztum mit allen Rechten und Gerechtsamen für 25 000 Taler erwerben und damit die heiß- umkämpfte Selbständigkeit erringen.
Die Entwicklung des Stadtwesens war nun freilich nicht ganz unbeeinflußt von den zahlreichen Katastrophen, die die Stadt insbesondere im 16. Jahrhundert heimsuchten. Feuersbrünste, Viehsterben und Hochwasser wechselten miteinander ab, brachten Schäden und immer neue Lasten für die Bürgerschaft. Dabei waren es 1750 nur gerade 7S1 Einwohner in 130 Wohnhäusern, auf deren Schultern diese Last lag und die in zäher Erbitterung gegen Naturgewalt und adlige Unterdrückung kämpften. Fünfzig Jahre später waren erst 884 Bürger in 160 Häusern vorhanden, eine ziemlich zögernde Entwicklung, wie man sieht. Aber mit dem Fortschreiten des 13. Jahrhunderts steigt die Einwohnerzahl sprunghaft an. 1840 zählen wir
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