Heft 
(1957) 11
Seite
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Der spätere Leiter der Ortsgruppe der KPD in Perleberg bis zum Verbot, Max Theiß, sagt hierzu folgendes:Enttäuscht von diesem Benehmen schlossen wir jungen Genossen uns damals unter dem Genossen Georg Look zusammen und leisteten, soweit man davon unter den gegebenen Ver­hältnissen sprechen konnte, politische Arbeit.

Dazu berichtet Genosse Theiß folgendes Erlebnis:Von Berlin waren uns damals ,Flugblätter an die Reichswehr 1 zugegangen. Diese sprachen in Versform die Soldaten als Arbeiter im grauen Rock an, nicht auf ihre Brüder zu schießen. Am Nachmittag des 1. November 1923 erhielt ich von dem Jugendgenossen Fritz Schönian einen Teil dieser Flugblätter mit dem Bescheid, diese nur an die Reichswehr zu verteilen. Auf dem Wege nach Hause zu (heute Karl-Marx-Straße) standen auf dem Großen Markt zwei Soldaten. Jedem gab ich ein Flugblatt, ohne mich weiter um die beiden Reichswehrleute zu kümmern. Ich setzte meinen Heimweg fort, ohne zu bemerken, daß die Soldaten hinter mir herkamen. Kurze Zeit später er­schienen die beiden mit einem Polizisten und wollten mich verhaften. Mein Vater leugnete meine Anwesenheit, und ich konnte mich mit den Flug­blättern davonmachen. Gegen Abend ging ich dann mit den Genossen Schönian und Erich Schulz vor die Kaserne. Dort verteilten wir die Flug­blätter bzw. klebten sie an die Pfeiler.

Am 2. November wurde ich, als ich dort mein Stempelgeld holen wollte, im Rathaus verhaftet. Durch ein Schnellgericht wurde ich verurteilt (ich war ja noch jugendlich, geboren am 28. Dezember 1902) zu drei Monaten Gefängnis.

Nach dem Hitlerputsch im November 1923 erfolgte auch das Verbot der KPD. Das zog eine Massenverhaftung der Funktionäre der Partei nach sich. Der Genosse Theiß befand sich zu der Zeit schon im Amtsgerichts­gefängnis Perleberg. Er stellte fest, daß von Perleberg nicht ein einziger Funktionär eingeliefert wurde, während es von Wittenberge 1520 Mann waren. Während seiner Haftzeit hatte sich die örtliche Parteileitung nicht um den Genossen Theiß gekümmert und nach der Haftentlassung im Fe­bruar 1924 ebenfalls nicht. Ja, Genosse Theiß mußte sehen, daß eine Orts­gruppe der Partei gar nicht mehr bestand. Die 1920 gegründete Ortsgruppe der KPD in Perleberg hatte somit aufgehört zu existieren.

Nicht untergegangen war die Ideologie der revolutionären Arbeiterpartei. Diese hatte, wenn auch zunächst nur wenige, Hirne und Herzen auch in Perleberg gewonnen. Schon 1925 gründete Max Theiß mit Unterstützung einiger Wittenberger Jugendgenossen eine Gruppe des Kommunistischen Jugendverbandes in Perleberg. 1926 wurde aus der Jugendgruppe eine neue Ortsgruppe der KPD. Außerdem wurde der Rot-Front-Kämpfer-Bund in Perleberg (als eine Abteilung von Wittenberge) ins Leben gerufen. Schwer hatten es die Genossen der Partei in den folgenden Jahren, be­sonders von 1933 bis 1945. Dafür spricht vor allem das Schicksal des Ge-

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