Heft 
(1957) 3
Seite
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Der geringe Personenverkehr spiegelte die Kriegsfolgen täglich wider. Die außerdem verspäteten Züge waren überfüllt. Das Mitfahren auf den Tritt­brettern, Puffern, Dächern, in den Bremshäuschen und sogar auf den Tendern gehörten zum Bild des täglichen Reiseverkehrs.

Viele Menschen aus den Großstädten, die wegen Hunger manches Klei­dungsstück, Wäsche, Teppiche, Porzellan usw. gegen Lebensmittel auf dem Lande eintauschten, büßten bei diesen Fahrten ihr Leben ein oder erlitten Brandschäden.

Ein großer Teil der Reisenden waren Schieber und Spekulanten, die die Not ausnutzten und verdienten.

Diebstähle am Beförderungsgut waren an der Tagesordnung. Schritt für Schritt setzte sich aber das Neue, der Fortschritt durch, und der Glaube an die Kraft der Arbeiterklasse wuchs.

Bei der Aufstellung der Betriebsgruppe der SED im Juni 1946 waren schon viele SED-Genossen im Werk. 82 Prozent der Beschäftigten waren gewerk­schaftlich organisiert.

ln Tag- und Nachteinsätzen waren die Wiederherstellungsarbeiten an der Elbbrücke so weit fortgeschritten und der erste Stahlbrückenzug einge­schoben, so daß ab 3. August 1946 die Elbbrücke wieder eingleisig befahr­bar war. Nun war man die großen Sorgen um die Behelfsbrücke los.

Die Not war aber noch groß, es fehlte an den notwendigsten Ersatzteilen, Werkzeugen, und auch die tägliche Versorgung war unzureichend.

Es war im Oktober 1946. War da nicht der hundertjährige Geburtstag des Bahnhofs Wittenberge? Ja! Am 15. Oktober 1846 war der Bahnhof Witten­berge in Betrieb genommen. Wie sah aber der Erfolg der hundertjährigen kapitalistischen Wirtschaft aus?

Einem Bericht über den Zustand im Bahnbetriebswerk Wittenberge vom 3. Oktober 1946 ist folgendes entnommen:Mangel an Lokheizer und Be­triebsarbeiter. Wagenmeister fehlen.

Lokomotivbestand reicht nicht aus, muß um mindestens 6 Lokomotiven vermehrt werden.

Hoher Krankenstand in den Wintermonaten unvermeidlich. Mangel an Stehbolzen, Ersatzstücken und Werkstoffen. Großer Mangel an Werk­zeugen, insbesondere Kesselwerkzeugen, Schweiß- und Schneidbrennern, Bohrer, Reibalen usw.

Bauliche Anlagen:

Schuppendächer sämtlich ohne Dachpappe. Zur Winterfestmachung 3800 m 2 erforderlich.

Ebenfalls 2200 kg Klebemasse, 180 kg Pappnägel, 1900 kg Teer, 190 m 2 Drahtglas und 400 m 2 Fensterglas dringend erforderlich.

Mangel an Schutzkleidung und Holzschuhen. Unzureichende Zuteilung von Seife und Seifenpulver für die verschmutzten Arbeitsgruppen.

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