ALBERT HOPPE, PERLEBERG
Eine Plauderei um das Prignitzer Nationalgericht
Jüngst standen wir im Perleberger Schlachthof vor einer Häufung unverdaulicher Dinge, die aus dem Magen einer sonst absolut gesunden und wohlgenährten Kuh, die auch keinerlei Verdauungsbeschwerden gezeigt hatte, gekommen wahren: mehrere Drahtmägel, verbogene Drahtenden, eine Haarnadel, zwei Hufnägel, einige Eisen- und Steinstücke, eine große und sehr spitze Drahtkrampe, eine sechskantige Mutter, die sogar auf die Krampe hinauf geschlüpft war. Auf unsere Verwunderung über die Robustheit dieses Kuhmagens sagte einer der Betrachter: „Ich glaube, das Zeug liegt auch nicht schwerer im Magen als euer saurer Hansen!“
Da der Mann, der diese Äußerung tat, zwar ein bereits naturalisierter, aber eben doch kein eingeborener Prignitzer war, wurde ihm diese Kränkung unseres heimatlichen „Nationalgerichts“ verziehen. Sie mag jedoch Anlaß sein, den guten „sauren Hansen“ einmal gebührend zu würdigen und ihn in sein Ehrenrecht zu setzen.
Wo der saure Hansen seinen Namen her hat, ist schwer zu klären. Im Volksmund haben sich für manche Gerichte, die sich einer besonderen Beliebtheit erfreuen, Bezeichnungen eingebürgert, die sich an einen irgendwie populären Vornamen halten, so z. B. der „Pumpernickel“ (nach dem westfälischen Nikolaus) oder „Strammer Max“ (die dicken Berliner Bou- letten) und so vielleicht unser prignitzer „Saurer Hans“. In der heimatlichen Mundart nennen wir ihn für gewöhnlich „Surnknieper“, gelegentlich auch wohl „Knieperkohl“. Der letztere Name verrät, daß es sich um ein Kohlgericht handelt. Dieses ist, was die ihm nachgesagte Schwerverdaulichkeit anbelangt, nicht zu verwechseln mit dem sogenannten „Drahtverhau“, der im wesentlichen auch aus Kohl bestand, und der wohl aus dem ersten Weltkrieg noch bekannt ist. Dieser klappernde, gedörrte Kohl war wohl eher mit dem oben erwähnten Menü unserer biederen Kuh zu vergleichen. Er war von den Frontsoldaten mehr gefürchtet als sein Namensgeber oder
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