Heft 
(1957) 8
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oder die Gegenstände aus der neueren Heimatgeschichte, alles war äußerst sehenswert. Ein Modell der vor vielen Jahren noch in und bei Havelberg betriebenen Schiffsmühlen und bäuerliche Arbeitsgeräte und Handwerker­werkzeuge vermittelten uns, wie unsere Vorfahren lebten und arbeiteten. Alles ist überwiegend in großen Räumen in der Art von Sälen übersichtlich untergebracht, in moderner Form, frei von früher her erinnerlicher Museumssphäre und Moderluft. Nur sollte die Museumsleitung auch auf Schmutzfinken achten, die die große Vase, ein Geschenk zur 1000-Jahr- Feier, als Ascher benutzen. Heimatliche Broschüren sollten auch angeboten werden und nicht nur zur Schau in einer Vitrine liegen (es gibt Menschen, die zu schüchtern sind, nach solchen Dingen zu fragen, sich aber doch dafür interessieren).

Vom Domberg warfen wir einen Blick auf die unter uns liegende, auf der Havelinsel eng Haus an Haus erbaute Stadt. Vergangenheit und Gegenwart waren uns so recht nahe, hier jahrhundertealte' Bauwerke, dort eine neue Brücke, die von einer Pioniereinheit der Volksarmee stromaufwärts er­richtet wird. Von Ferne grüßte Sandau mit seiner Kirche, deren Glocken, im kriegszerstörten Turme hängend, eindrucksvolle Mahner sind: Denkt daran, bewahrt den Frieden!

Weiter ging es nordwärts in Richtung Neu-Schrepkow. Dort bogen wir in die alte Reichsstraße Nr. 5 ein. Hier wickelt sich auch der Interzonenver­kehr ab. Da es sonntags war, bemerkten wir davon nicht viel, sondern hatten flüssige Fahrt. Kollege Vathke mußte wegen der fortgeschrittenen Zeit die vielen durstigen Münder auf Perleberg vertrösten. Dort habe man sich auf uns eingerichtet. Vorbei an vielen neuen Industrie- und Wohnungs- bauten ging es der Kreisstadt entgegen. Hinter dem Parkschlößchen sahen wir die große Fernverkehrsumgehungsstraße im Bau. Sie wird nach Fertig­stellung Perleberg von dem großen Kraftwagenverkehr auf der Straße HamburgBerlin wirksam entlasten. Das Brummen der großen Laster wird dann in den Straßen unserer Stadt Perleberg verstummen. Viel Ver­kehrsunsicherheit wird damit behoben sein. Die Berliner Straße hoch und dann zum Stadtkern abfahrend tauchte linkerhand der neue große Sport­platz hinter dem Perleberger Wasserturm auf. Nach einer kurzen Stadt­rundfahrt suchten wir unser Mittagsquartier auf.

Unbarmherzig knallte die Sonne auf das Perleberger Straßenpfiaster, und in den engen, sauberen Straßen herrschte drückende Schwüle, als wir nach dem Essen mit Herrn Albert Hoppe, der sich uns für den Nachmittag zur Verfügung gestellt hatte, zum Königsgrab Seddin hinausfuhren. An den Busfenstern vorbei zogen die Neubauten in der Pritzwalker Straße und die Beeren- und Obstplantagen links und rechts der Chaussee nach Spie­gelhagen. Spargelfelder zeugten von dem wieder nach dem Kriege ver­mehrten Anbau dieses früher reichlich angebotenen Perleberger Erzeug­nisses. Von ferne grüßten der Weinberg und der Golm. Zwischen dem

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