Heft 
(1957) 8
Seite
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Weißen Berg und den anderenBergen rechterhand und linkerhand stieg unser Bus in die Höhe und bald ins Tal. Durch Rohlsdorf bugsierten wir langsam hindurch. Dann rollten wir langsam über die Holzbrücke über die Stepenitz vor Kreuzburg. Wie beneideten wir die im Wasser fröhlich Plantschenden um ihre Abkühlung! Nach einem Stückchen elenden Kopf­steinpflasters hielten wir hinter dem Dorfe. Unser Führer ging voran.

Nach knapp 10 Minuten waren wir am Königsgrab von Seddin. Im schat­tenspendenden Hain der Kiefern und Laubbäume lagerten wir und lauschten aufmerksam. Herr Hoppe erzählte, und es herrschte gespannte Aufmerk­samkeit. Es war die alte Geschichte um den Hinzer Berg, der nach seinem Besitzer zeitweilig auch Gamlinscher Berg genannt wurde. Am 15. Sep­tember 1899 wurde die Sage im Volksmunde zur Wirklichkeit: Beim Ab­tragen der riesigen Steinmengen dieses enormen Hügels stießen zwei Arbeiter auf die Grabhöhle! Jahrhundertalte Volksmundüberlieferung hatte sich bewahrheitet: Das Königsgrab war entdeckt. 30 000 Kubikmeter Erdreich und Feldsteine hatten unsere Vorfahren über die Grabstätte ihres toten Königs gebracht. Eine enorme Leistung unter primitivsten Verhält­nissen! Herr Hoppe verstand so recht, die Aufmerksamkeit aller Reise­teilnehmer von 14 bis 67 Jahren zu erregen. Jeder spürte, mit welcher Heimatliebe hier ein Mann schlicht und einfach plauderte. Manche Sage, aber auch heitere Schnurren, die Herr Hoppe zum Besten gab, vervoll- kommneten unseren Eindruck. Wir schieden von der Kulturstätte mit eini­gen Liedern aus unserem Kulturerbe, die im Grabhain weithin erschallten. Wir bedauerten aber, daß es Mitmenschen gibt, die keine Achtung vor solchen Stätten haben. Trotz eines Papierkorbes haben Nichtsnutzige ihre alten Tüten und Schachteln im Hain verstreut, haben das Schloß mehrfach erbrochen und die Grabkammer besudelt.

In Kreuzburg hielten wir kurz. Sehenswert die alte Dorfkirche mit dem besonders stehenden Holzturm und das alte Torhäuschen. Die Geschichte vom Backofen mit der quietschenden Erdachse erregte viel Heiterkeit, zumal sich ein auf Holzpantinen herantretender Kreuzburger Bürger an den heimatlichen Berichten beteiligte.

Wieder in Perleberg, wurde wegen der vorgerückten Zeit nach einer kur­zen Kaffeepause in der HO-GaststätteVaterland ein Rundgang um St. Jacobi und den Markt unternommen. Angenehm fielen durch ihren Backsteinbau die Kirche und der alte Teil des Rathauses auf. Perleberg hat u. a. um den Markt manch schönes Fachwerkhaus. Leider ist auch einiges durch Renovierung entfremdet, so die ehemalige Wohnung von Theodor Körner im jetzigen Petrickschen Haus. Großer Markt 4 ist ein schönes, altes Bürgerhaus; von dem Kellerfenster sollte aber der Schand­fleck in Form eines hölzernen Gitters entfernt werden. Um den Markt und St. Jacobi erkannten manche Älteren von uns Aufnahmen aus dem Film Der höhere Befehl, der die historische Begebenheit des Verschwindens

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