den Schädel über seinem glatten Vollmondsgesicht, ebenfalls stumm sich kulinarischen Genüssen hingab. Gelangweilt lehnte draußen an der Haustür der Bediente.
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Die Kuckucksuhr an der Wand schlug die sechste Abendstunde. Koch fuhr zusammen. Er rief nach dem Wagenmeister und bestellte — nunmehr zum dritten Male — das Anspannen. Zugleich entließ er die beiden Kürassiere seiner Schutzwache.
Als aber der Postillion meldete, daß der Wagen zur Abfahrt bereitstünde, da wurden zum unverhohlenen Erstaunen aller die Pferde in den Stall zurückgeschickt.
Man war recht erbost über die Rücksichtslosigkeit der extravaganten Reisenden. Ihr auffälliges Verhalten erregte nicht nur die Aufmerksamkeit in der Gaststube, sondern auch in der Expedition und in den Ställen.
Die Person, um die sich das Gespräch drehte, hatte nach erneuten Wanderungen im Zimmer, wieder ihren Gedanken nachhängend, sich an den Ofen gelehnt und nestelte mechanisch an den schwarzen Schnüren eines grauen Tuchrockes.
Der Fremde schien jenen ehrsamen Bürgern, die sich allabendlich in der Gaststube des Posthauses einfanden, Rätsel aufzugeben. Im Laufe der Jahre hatten sie manchen Durchreisenden beobachtet und sich ihre Erfahrung gebildet.
Man steckte die Köpfe zusammen und tuschelte.
„Etwas ist nicht in Ordnung.“
„Aber was?“
Einmal die Erregung und die Unentschlossenheit des Kavaliers, der es eilig hatte und im letzten Augenblick wieder ausspannen ließ. Dann das merkwürdige Interesse des Kommandanten, der einem bürgerlichen Sujet eine Sauvegarde stellte. Das war recht ungewöhnlich.
Verstohlen äugten die Gevattern hinüber.
Die feine weiße Wäsche, die kostbaren Ringe und Verloques, den blitzenden Diamanten in dem Brüsseler Spitzen-Jabot, der allein ein Vermögen wert sein mochte. Und als ihnen der Expedient zuraunte, daß der Kavalier im taubengrauen Rocke ein Kaufmann aus Hamburg wäre, wisperten sie verständnisvoll: „Tja, de Hambörger, dat sünd fien Lüd.“
Abseits von jenem Stammtische saßen in einem Winkel zwei andere Perleberger, mit denen jeder ehrsame Bürger und gute Preuße wenig gemein haben mochte, waren es doch Franzosenfreunde, Dunkelmänner, denen man am liebsten aus dem Wege ging. Der Kleine, ein nahezu Sechziger, mit dünnbehaartem Spitzkopf und verkniffenem Fuchsgesicht, war der frühere Stadtrendant Kleiber, ein Defraudant, der als Winkelkonsulent sein Leben fristete. Von dem anderen, seinem angehenden Schwiegersöhne Hecker, wußte niemand, wovon er eigentlich lebe. Mochte schon wahr sein, was
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