man sich erzählte, daß er seine Braut und ihre ebenfalls nicht unebenen Schwestern an die Franzosen verkuppelte, als diese während der drei Besatzungsjahre im Kleiberschen Hause ein- und ausgingen. Ein finsterer Bursche, mit harten, knochigen Zügen, in denen unstet ein Paar dunkle Augen irrlichterten. Mit der scheinbaren Ungeschlachtheit des großen Kerls, mit seinen übermäßig langen und den schwarzbehaarten Pranken, verbanden sich Bärenkräfte. Manch Perleberger Bürgersohn hätte das bezeugen können.
Den beiden gelang es herzlich schlecht, weder ihre Neugier noch ihre Gedanken zu verbergen. Allerdings blickten die Honoratioren am Stammtisch über sie hinweg, als ob sie Luft wären.
Man hatte sie weder kommen noch gehen gesehen.
Unauffällig glaubte am Schalter der Postexpedient sich auch seinen Vers über die beiden Reisenden machen zu müssen.
Indes man grübelte und debattierte, achtete niemand der beiden Juden, welche vom frühen Nachmittage an die Gaststube nicht verlassen hatten und ebenfalls ohne ersichtlichen Grund ihre Extrapostpferde im Stalle warten ließen. Ohne von der Umgebung Notiz zu nehmen, saßen sie bescheiden an ihrem Ecktische.
Jene Stammtischgäste und der Herr Postexpedient waren schlechte Gedankenleser. Gerade die Gruppen der beiden Juden bildete den Schlüssel zu Kochs Nervosität. Auch hätte man wahrnehmen können, daß mit dem Verbleiben der beiden Kaftan träger die unerschütterliche Ruhe des wohlgenährten Herrn Fischer noch zu wachsen schien.
Der Kavalier unterbrach jäh seinen Spaziergang. Zornig sprudelte er zu seinem Miteisenden ein paar für die Aufhorchenden verständliche Worte hervor.
Am Tische der Perleberger Gevattern reckten sich die Hälse aus den Vatermördern.
Siehe da, anscheinend hatte der Dicke seinen Widerstand gegen eine Weiterreise aufgegeben. Wortlos erhob er sich. Während er anfing, umständlich seine Siebensachen in die Reisetasche zusammenzukramen, mit einem Phlegma, als ob er nur hierdurch allein noch die Abreise verzögern könne, verließ Koch das Gastzimmer. Ohne Hut und Mantel, so wie er ging und stand.
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Stockfinster war es, daß man die Hand kaum vor den Augen sehen konnte. Trübe schaukelte eine Laterne über der Haustür vor dem Schilde „Königlich Preußische Post“.
Von dem Flur her fiel ein Lichtstreifen über die Straße auf den Postwagen, vor welchen gerade ein Stallknecht die beiden Stangenpferde spannte. Durch das Hoftor klapperte der Postillion mit den Vorderpferden heran. An die Kalesche trat der Kaufmann Koch, Seine Herrlichkeit der Lord
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