L'Adultera.
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Fünfzig und drüber und sollte sich die Hörner abgelaufen haben. Aber er ist und bleibt ein Durchgänger".
„Ja", sagte Duquede, der einen Augenblick still stand, um Athen: zu schöpfen, „etwas Durchgängerisches hat er. Aber, lieber Freund, warum
soll er es nicht haben? Ich taxir' ihn ans eine Million, seine Bilder ungerechnet, und ich sehe nicht ein, warum einer in seinem eigenen Haust
und au seinem eigenen Tisch' nicht sprechen soll, wie ihm der Schnabel
gewachsen ist. Ich bekenn' Ihnen offen, Reiff, ich freue mich immer, wenn er mal so zwischenfährt. Der Alte war auch so, nur viel schlimmer, und es hieß schon damals, vor vierzig Jahren: „Es sei doch ein sonderbares Haus und man könne eigentlich nicht hingehen". Aber uneigentlich ging Alles hin. Und so war es, und so ist es geblieben".
„Es fehlt ihm aber doch wirklich an Bildung und Erziehung".
„Ach, ich bitte Sic, Reifs, gehen Sie nur mit Bildung und Erziehung.
Das sind so zwei ganz moderne Wörter, die der „Große Mann" aufgebracht haben könnte, so sehr hass' ich sie. Bildung und Erziehung.
Erstlich ist es in der Regel nicht viel damit, und wenn es 'mal was ist,
dann ist es auch noch nichts. Glauben Sie mir, es wird überschätzt. Und
es kommt auch nur bei uns vor. Und warum? Weil wir nichts Besseres haben. Wer gar nichts hat, der ist gebildet. Wer aber so viel hat, wie Van der Straaten, der braucht all die Dummheiten nicht. Er hat einen guten Verstand und einen guten Witz, und was noch mehr sagen will, einen guten Credit. Bildung, Bildung. Es ist zum Lachen".
„Ich weiß doch nicht, ob Sie Recht haben, Duquede. Ja, wenn es geblieben wäre, wie früher. Junggesellen-Wirthschast. Aber nun hat er die junge Frau geheirathet, jung und schön und klug ..."
„Nu, nu, Reiff. Nur nicht extravagant. Es ist damit nicht so weit her, wie Sie glauben; sie ist 'ne Fremde, französische Schweiz, und an allem Fremden verkucken sich die Berliner. Das ist wie Amen in der Kirche. Sie hat so ein bischen Genfer Chic. Aber was will das am Ende sagen? Alles was die Genfer haben, ist doch auch blos aus zweiter Hand. Und nun gar klug. Ich bitte Sie, was heißt klug? Er ist viel klüger. Sder glauben Sie, daß es auf 'ne französische Vocabel ankommt? oder auf den Erlkönig? Ich gebe zu, sie hat ein paar niedliche Manierchen und weiß sich unter Umständen ein Air zu geben. Aber es ist nicht viel dahinter, alles Firlefanz, und wird kolossal überschätzt".
„Ich weiß doch nicht ob Sie Recht haben" wiederholte der Polizeirath. „Und daun ist sie doch schließlich von Familie".
Duquede lachte. „Nein, Reiff, das ist sie nun schließlich nicht. Und ich sag' Ihnen, da haben wir den Punkt, auf den ich keinen Spaß verstehe. Caparoux. Es klingt nach 'was. Zugestanden. Aber was heißt es dem: am Ende? Rothkapp oder Rothkäppchen. Das ist ein Märcheuname, aber