Italienische Studien.
379
den vorzüglichen Einzelheiten vollkommen geeignet, die Seele des Beschauenden mit jener Harmonie zu erfüllen, die der Genuß eines achten Kunstwerkes gewährt, ohne daß man das Bedürfniß findet, sich dieselbe durch Aquinos Strafpredigt gegen den niedergeschmetterten Averroes oder gar durch ein Grübeln über dessen, dem Bild zu Grunde liegende, Dogmatik zu verkümmern.
Das letzte Capitel dieses Abschnittes ist dem Dominicanermönch Fra Savonarola gewidmet, der ja auch auf die Kunst seiner Zeit.durch seine Stellung zu derselben einen mächtigen Einfluß übte.
Sein Auftreten bildet allerdings einen schrillen, wenn auch begreiflichen Mißton inmitten des Glanzes und Selbstbewußtseins der Renaissancekunsll Es ist der Gegensatz zwischen dem religiösen Schein und der weltlichen, antidogmatischen Tendenz derselben, welcher den Zorn des starren Dominicaners herausfordert. Und in der That, wenn auch sein barbarisches Eifern Anfangs manche Verwirrung und Zerstörung in das Kunstleben hineintragen mochte, von seinem Auftreten an datirt ein neuer großartiger Aufschwung der Plastik und Malerei. Das naive, oft hausbackene Spiel mit heiligen Stoffen, die specifisch künstlerische Prahlerei mit der Indifferenz gegen den Stoff an sich, der blos als Gelegenheit zur Bewältigung formeller und technischer Probleme sowie zur Vorführung von Charakterstudien nach dem Leben angesehen wird, nimmt ab, es erwacht ein vertieftes Streben, die gewonnene Beherrschung der Natur, Technik und Formensprache zum höchsten und mächtigsten Ansdruck der christlichen, in ihrer tiefsten Poesie erfaßteil Ideen zu verwerthen.
„Auch Michelangelo stand, wie die Ueberschrift „Christus" auf einem Briefe vom 2. Juli 1496 (llattsrs 1875, S. 375 u. 342) beweist, eine Zeit lang unter demselben bestrickenden Einfluß; sicher hat die tiefe Innerlichkeit der Pieta hier ihren Ursprung." —
Den nächsten Abschnitt (IV) bildet ein einzelner Aufsatz über das „Cambio zu Perugia". Die Malereien des Pietro Perugino daselbst, obwohl als Kunstwerke nicht hervorragend, sind doch vollkommen aus dem Geiste der Zeit hervorgegangen. „In den Deckenbildern der Einfluß der Gestirne". . . „in den Wandbildern die geistig sittlichen Mächte". „Es ist das alte Räthsel von Nothwendigkeit und Freiheit". „Wo ist ein würdigerer und sinnigerer Schmuck eines Gerichtssaales?"
Die wichtigste und interessanteste Partie des Buches ist nach unserer Ansicht die folgende (V.), welche den Titel: „Religiöse Wandlungen der Hochrenaissance", trägt und in die Capitel zerfällt:
1) Das Wiederaufleben des Platonismus.
2) Raffael und die kirchlichen Bewegungen.
3) Michelangelo und die sixtinische Capelle.
Auch in diesem Abschnitt geht also der Verfasser, seinem Programm entsprechend, hauptsächlich darauf aus, den inneren Zusammenhang zwischen den allgemeinen, geistigen Tendenzen des sechszehnten Jahrhunderts und einiger
26*