Heft 
(1880) 39
Seite
391
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-Aus Heinrich Leutholds Nachlaß.- 39^

verfolgte ich die Entwicklung der politischen und kriegerischen Ereignisse mit lebhaftem Interesse und begrüßte den Erfolg der deutschen Waffen mit aufrichtiger Sympathie nnd rückhaltloser Begeisterung in einer Reihe von Gedichten, welche indessen meist ungedruckt Lliebeu. Auch die wiederholt aufgetauchtc Neigung, in diesen Zeiten der politischen Wiedergeburt Deutschlands nochmals eine publicistische Thätigkeit anzutreten, unterdrückte ich in einer vielleicht übertriebenen Zurückhaltung und mit einem wachsenden Gefühl der Verstimmung über die Art und Weise, wie für viele der einflußreichsten publicistischen Stellen theils ganz ungeeignete Kräfte, theils gewohnheits- und berufs­mäßige Apostaten, die zu jeder Zeit für jede Sache käuflich waren, oder solche ver­wendet wurden, die mit einer fast cynischcn Feindseligkeit sich der deutschen Sache entgegengestellt, als dieselbe noch weniger Aussicht auf Erfolg hatte; während Männer mit dem Hermelin um die Seele, die zuerst jener Sache mit freudiger Hingebung gedient und in aufreibender Thätigkeit Gesundheit und Leben geopfert, gänzlich ver­schollen und vergessen schienen.

Diesem Gefühl- der Verbitterung entsprang damals außer einem rhapsodischen Gedicht:Winkelried" und verschiedenen licderartigen lyrischen Erzeugnissen und einer großem Anzahl sapphischer und alkäischer Oden politischen Inhalts, die ich in dieser Zeit vollendete, eine Fülle von Distichen, Epigrammen und Zeitgedichten, in welchen der polemische und epigrammatische Ton vorschlägt.

Was nun endlich die Veröffentlichung meiner Erzeugnisse betrifft, so ist an Gedichten außer den im Jahr 1862 mit Emanuel Geibel bei Cotta in Stuttgart herausgcgebenenfünf Büchern französischer Lyrik", einer Arbeit, welche, was Auswahl und Uebertragung der einzelnen Nummern betrifft, zum weitaus größten Thcil von mir herrührt, und die von allen kritischen Stimmen von Beruf mit einmüthigem und und ungctheiltcm Beifall ausgenommen wurde, von mir noch keine besondere Sammlung, wohl aber eine große Anzahl zerstreuter Gedichte in Zeitschriften, Albums, Almanachen und Anthologien, wie dasMünchener Dichterbuch" (1862), dieCornelia" (l868), dieFreya" (1866) und dergl. mehr erschienen. An prosaischen Arbeiten habe ich außer einer Unzahl größerer politischer Aufsätze und Leitartikel über wichtige Zeit- Fragen, die seit einer langen Reihe von Jahren in verschiedenen größern Blättern Deutschlands zeitweise auch im BernerBund" von mir erschienen und außer den nur zum kleineren Theil ausgefiihrten Vorarbeiten zu einerGeschichte Genuas", welche ich während meines zweijährigen Aufenthalts in dieser Stadt unter Benützung der dortigen Bibliotheken und Archive und besonders zuverlässiger Privatquellen begonnen, verschiedene größere Abhandlungen über hervorragende Erscheinungen der neueren deutschen uns französischen Literatur, kritische Erörterungen, Biographien und Essays über einzelne Vertreter der romantischen Schule in Frankreich, wie Victor- Hugo, Samte-Beuve, Alfred de Müsset, über Barbier, Auguste Brizeux u. s. w. für das seiner Zeit von Paul Heyse redigirteLiteraturblatt", für das Feuilleton der Süddcutschen Zeitung", die von Moriz Hartmann herausgegcbeneFreya" u. s. w. und außerdem eine Menge von Bücherbesprechungen, literarischen, Theater- und Kunst­kritiken für die verschiedensten politischen und literarischen Zeitschriften geschrieben. Wenn ich dem Rath literarischer Freunde worunter mir derjenige des überaus fachkundigen Moriz Hartmann von besonderem Werth war, eine Sammlung oder wenigstens eine Auswahl dieser prosaischen Arbeiten zusammenzustellen und sie unter cinem geeigneten Titel im Buchhandel herauszugcben, nicht gefolgt bin, so geschah das früher, weil ich diese oft flüchtig hingeworfenen Leistungen nicht für wichtig genug erachtete und mir die Fähigkeit zu reiferen und gediegneren, vor Allem aber zu eigenen selbständigen Schöpfungen zutraute, später weil ich manches Gute darunter für ver­altet und von der Zeit überholt hielt.

Unter dem Vorrath an ungedruckten poetischen Erzeugnissen liegen in meinem Pult außer einigen größern Arbeiten, welche durch die Ungunst der Verhältnisse