Fragment blieben, zum Theil gesammelt und druckfertig, zum Theil noch zerstreut und der Rctouche bedürftig: das epische Gedicht „Penthesilea", der Rhapsodien-Cyclus „Hannibal", das rhapsodische Gedicht „Winkelried", an lyrischen Producten — je nach mehr oder weniger strenger Auswahl — ein größerer Band oder zwei kleinere Bünde Gedichte, ein Bündchen Oden, Epigramme und Zcitgedichte und eine größere Anzahl freier Nachbildungen und Nebertragungen aus alten und neuen Sprachen.^
Ob ich je Zeit und Stimmung finden werde, diese Sachen, von denen manche nur mit Bleistift niedcrgeworfen sind, vollends in's Reine zu schreiben, zu sichten, zusammen- zustcllen und — wo es nöthig ist — durchzucorrigiren, das wird zunächst von meinem Gesundheitsvcrhültnissen abhangen, welche sich in letzter Zeit so bedenklich gestalteten,, daß ich Wochen lang ganz arbeitsunfähig und kaum im Stande war, mir die noth- wendigsten Existenzmittel zu erwerben. — Für gänzliche oder wenigstens relative Heilung meiner Brustkrankhcit in der Weise, daß ihre Fortentwicklung gehemmt würde, wäre nach dem llrtheil fachkundiger Aerzte nur von einem lnngern Aufenthalt im Süden — besonders in Egypten — für mich zu hoffen. Meine Versuche, einen solchen Aufenthalt zu ermöglichen, blieben bisher erfolglos.
Meine poetischen Arbeiten sind fast durchweg aus Bedürfnis; und Neigung, nie aber aus dem Verlangen entstanden, dieselben drucken zu lassen. Ich habe es auch immer als eine Art Achtung vor dem Publikum und insofern als verdienstlich angesehen, wenn ein Dichter in diesem Punkt eine gewisse Zurückhaltung beobachtet und der Welt nicht in zudringlicher Weise ein übertriebenes Interesse an den oft unreifen und unfertigen Producten seiner Phantasie zumuthet. Dieses Gefühl hat mich vielleicht zu weit geführt, denn ich bin anderseits unbescheiden genug, von manchen meiner poetischen Erzeugnisse anzunehmcu, daß sie eigenartiger und werthvoller sind, als die Durchschnittsleistungen unsrer modernsten Eintagspocten. Trotz alledem hat es mir im Leben nicht an Anerkennung gefehlt. Ich habe bei Fachleuten und Kennern, mit denen ich persönlich verkehrt, und nach Maßgabe dessen, was ich veröffentlichte, auch bei einem größeren Publikum vielleicht mehr Beifall gefunden, als ich verdient. Und doch habe ich die bei Berufs- gcnossen vielfach üblich gewordenen Reclamen und die kleinen Mittel, um öffentlich vielgenannt und volksthümlich zu werden, stets verschmäht. Mit einer besonders tadelnswerthen Rücksichtslosigkeit habe ich namentlich seit vielen Jahren die frequenten Aufforderungen zu poetischen Beiträgen für Zeitschriften und Sammelwerke, zur Einsendung von Selbstbiographicn u. dgl. gänzlich unbeachtet gelassen und so selbst die von vielen der achtbarsten Vertreter der Literatur mit Sorgfalt geübte Pflege des Rufes vernachlässigt, ohne welche es unter den gegenwärtigen Zeitverhaltnissen schwer sein wird, sich einen geachteten Namen als Dichter oder Schriftsteller zu erwerben oder zu erhalten.
Neben den angeführten Beweggründen wirkten übrigens zu dieser Handlungsweise noch wesentlich mit meine erschütterte Gesundheit, eine dnrch die widerwärtigsten persönlichen und Familienverhaltnisse, durch unverdientes Mißgeschick in literarischen und publicistischen Unternehmungen, durch Verkennung, Undank und die schmerzlichsten Erfahrungen an Leuten, denen ich im Leben nahe gestanden, erzeugte Verbitterung und die außerdem durch Krankheiten und hypochondrische Naturanlage veranlagte oder doch vielfach in ihrer Entwicklung geförderte pessimistische Menschen- und Weltanschauung, die mir in jüngster Zeit beinahe alle Freude an der Arbeit und am Leben überhaupt verleidete".
So weit Leuthold selbst. Einzelnes bedarf der Berichtigung. Zunächst die Angabe über die „fünf Bücher französischer Lyrik". Leuthold beabsichtigte im Jahre 1859 eine Sammlung von Ueberfetzungen aus der Lyrik moderner Literaturen zu veröffentlichen. Diese Versuche, wie er sie bescheiden nannte, sollten Geibel und Heyse zugeeignet werden. Wie der Nachlaß zeigt,