Heft 
(1880) 39
Seite
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- Aus Heinrich Leutholds Nachlaß. - ZhjI

wäre neben dem Französischen namentlich das Italienische (Petrarca, Giusti rc.), Pas Englische (Burns, Byron, Moore rc.) und das Ungarische in lieber- tragungen vertreten gewesen. Die Sache unterblieb, als sich ihm die Aussicht bot, gemeinschaftlich mit Geibel die französischen Lyriker herauszugeben. Was nun die Mittheilung Leutholds betrisst, als rühre die Auswahl und Ueber- tragung der einzelnen Nummern zum größten Theil von ihm her, mag dieselbe im Allgemeinen richtig sein an dem Anhang:Die Dichter der französischen Schweiz", hat Geibel keinen wesentlichen Antheil; aber mau muß das Manuscript Leutholds mit den gedruckten Uebersetzungen verglichen haben, um gerecht urtheilen zu können. Geibel hat, abgesehen von den vielen eigenen Beiträgen, vor Allem die strengere Sichtung vorgenommen und seine Meister­hand macht sich auch sonst durchwegs da, wo sie an die Arbeit des jüngeren Freundes die verbessernde, glättende Feile anlegt, vorteilhaft geltend, so daß eine Ausscheidung des Eigenthums eine Unmöglichkeit ist.

Selbständige Production. Leutholds dichterischer Nachlaß besteht in dreißig Quarthesten, die oft kaum zum vierten Theil beschrieben sind, darunter die Hälfte Uebersetzungen (auch solche aus Sophokles, Sappho, Tibulls Sulpicia- Elegien). Vier Hefte enthalten Oden, zwei: Epigramme, bissige Dinger, deren Veröffentlichung Niemandem frommt. Seine LieblingsdichtungPenthesilea" ist ganz vorhanden und soll auf lautes (fast unbegreifliches) Verlangen in der zweiten Auslage der Gedichte zum Abdruck kommen. Man wird sich bei genauerem Zusehen überzeugen, daß Leuthold eben kein Epiker ist und daß dem Ganzen die glatte Klangfarbe bedeutenden Eintrag thut. Von fünf RhapsodienHannibal" mag es bei der gedruckten dritten sein Bewenden haben. EineSchlachr von Sempach" (der erwähnteWinkelried") eignet sich durchaus nicht zur Publication. Die meisten mir bekannten kleineren prosaischen Arbeiten, Kunst- und Theaterkritiken, Bücherbesprechungen, Feuilletons über französische Literatur sind lediglich literarische Taglöhnerei, die Leuthold, gebeugt vom Joche der Nothdurft", schreiben mußte. Von Vorarbeiten zu einer Geschichte Genuas existirt nicht eine Spur. Was den Publicisten Leuthold angeht, war derselbe wohl von gut deutsch-nationaler Gesinnung und scharfem politischen Urtheil, aber daß der Zeitungsschreiber gar oft ein Mensch ist, der seinen Beruf verfehlt hat, straft auch er nicht Lügen. Zur raschen journalistischen Thätigkeit war er ungeeignet: so peinlich er an seinen Gedichten feilte Beweis die zahllosen handschriftlichen Lesarten und Correcturen, so sehr quälte er sich mit der Form seiner Artikel, und wenn ihm dieselbe endlich genügte, sah er nicht selten sein Geschriebenes veraltet. Dieses zweckwidrige Bemühen nach stilistischer Abrundung brachte seine Chefs oft zur Hellen Verzweiflung; umgekehrt lauten auch die eigenen Briese Leutholds, zumal die aus der Stuttgarter Zeit, nicht sehr erbaulich über damalige Umstünde.

Eines muß noch gesagt werden, und der gute Freund darf es um so eher aussprechen, als er glücklicherweise nicht zu warm werden muß, um die Nord und Süd. Hw. Z9. 27