Issue 
(1880) 39
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Au no Fischer in Heidelberg.-

aus demselben bildlichen Ausdruck, den Minnas frohes Wort:Mein Herz sagt mir, daß ich ihn finden werde", hervorrief, ich meine die Entgegnung: Das Herz redet uns gewaltig gern nach dem Munde". Ohne Bild und Metapher:man glaubt, was man wünscht". Hätte sich Franziska so aus­gedrückt, so waren alle jene Einfälle, die nur aus dem Bilde und der Metapher entsprungen sind, unmöglich, auch der von der Tugend, die man um so weniger hat, je mehr man von ihr redet.Siehst Du, Franziska!" ruft das Fräulein,da hast du eine sehr gute Anmerkung gemacht". In der Antwort, die das Kammermädchen giebt, belehrt uns der Dichter zugleich über dieses so natürliche und eben gebrauchte Mittel seiner dialogischen Kunst, worauf wir unsere Leser Hinweisen wollten:Gemacht?" sagt Franziska, macht man das, was einem so einfällt?"

Die ganze flüchtige Plauderei über Herz und Mund war nur eine scheinbare Digression, womit das Gespräch schnell und spielend von der Erwähnung Tellheims zur Schilderung seines Charakters gelangt ist.Und weißt du", fährt das Fräulein fort,warum ich eigentlich diese Anmerkung so gut finde? Sie hat viel Beziehung auf meinen Tellheim. Freund und Feind sagen, daß er der tapferste Mann von der Welt ist. Aber wer hat ihn von Tapferkeit jemals reden hören? Er hat das rechtschaffenste Herz, aber Rechtschaffenheit und Edelmuth sind Worte, die er nie auf die Zunge bringt". Er muß alle Tugenden besitzen, denn er spricht von keiner, eine einzige ausgenommen, die Minna von Baruhelm selbst an ihrem Bräutigam nie bemerkt und, wie mir scheint, nicht ungern vermißt hat:Er spricht

sehr oft von Oekouomie. Im Vertrauen, Franziska, ich glaube der Mann ist ein Verschwender". Daß es sich aber bei Tellheim mit der Treue ähnlich Verhalten könnte wie mit der Sparsamkeit, ist nur der neckende und spielende Einwurf des Kammermädchens, der Minna nicht irre macht. Noch eins, gnädiges Fräulein. Ich habe ihn auch sehr oft der Treue und Beständigkeit gegen Sie erwähnen hören. Wie, wenn der Herr auch ein Flattergeist wäre?" Gerade ein solcher Scherz ist der sicherste Beweis, daß Tellheims Treue und Beständigkeit jeden Zweifel ausschließt. Minnas innere Stimme hat wahr gesprochen:Mein Herz sagt es mir, daß ich ihn finden werde". Schon der nächste Augenblick erfüllt ihre Hoffnung. Aus dem Munde des Wirths erfährt sie, daß der aus ^seiner Wohnung verdrängte Offizier abgedankt und verwundet ist; an dem verpfändeten Ring erkennt sie ihren Verlobten.Von wem haben Sie den Ring?"Von einem sonst guten Mann", antwortet der bedenklich gemachte Wirth, dem nichts so nahe liegt, als der Verdacht, das Kleinod könne im Kriegegerettet" worden sein. Von dem besten Manne unter der Sonne, wenn Sie ihn von seinem Eigen- thümer haben!" Der Bräutigam ist wiedergefunden; sie sucht ihn in der weiten Welt und wohnt in seinem Zimmer! Ihr erstes Gefühl ist unaus­sprechliches Glück. Trunken vor Freude, möchte sie, daß die ganze Welt mit ihr jubelt. ,,Es ist so traurig, sich allein zu freuen".Da, liebe Franziska,