Issue 
(1880) 39
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Ueber G. E. Lessing. II.

kaufe dir, was du gern hättest. Fordere mehr, wenn es nicht zulangt. Aber freue dich nur mit mir".Nimm und wenn du dich bedankest! Warte, gut, daß ich daran denke. Das stecke bei Seite für den ersten blesfirten armen Soldaten, der uns anspricht". Ihre Seele ist von Dank so erfüllt, daß sie kein Wort des Dankes annehmen, nur selbst davon durch­drungen sein will und für das eigene Gefühl keinen anderen Ausdruck findet, als das Opfer des innigsten stummen Gebets.Ich habe ihn wieder! Bin ich allein? Ich will nicht umsonst allein sein. Auch bin ich nicht allein", sagt sie mit gefalteten Händen.Ein einziger dankbarer Gedanke gen Himmel ist das vollkommenste Gebet! Ich Hab' ihn, ich Hab' ihn! Ich bin glücklich lind fröhlich! Was kann der Schöpfer lieber fehen, als ein fröhliches Geschöpf!"

Es giebt Naturen, welche die köstliche Gabe besitzen, von Grund aus glücklich zu sein und zu machen, die durch ihre heitere Gemüthsart wie ein Heller warmer Frühlingstag in die Welt leuchten, das Leben sich und Anderen erleichtern und erquicken, ohne daß die Tiefe, Innigkeit und Treue des Herzens, die Kraft der Hingebung und aufopfernden Liebe den mindesten Abbruch leidet. Solche Gemüther haben nichts Problematisches, nichts von dem Leichtsinn, der auf der Oberfläche des Lebens hinflattert, dem Schmetter­linge gleich, der doch nur von der Raupe herkommt und nicht höher fliegt als der Staub. Es ist höchst selten, daß sich die Tiefe und der Ernst der Empfindung ohne alle Empfindsamkeit mit demholden Leichtsinn der Natur" ohne alle Flatterhaftigkeit in demselben Gemüth vereinigt. Eine solche seltene, in ihrer Klarheit gegen alles unechte Glück gesicherte, in ihrer Heiterkeit über alles eingebildete Unglück erhabene Natur ist Minna von Barnhelm; ich wüßte unter den Frauengestalten unserer Dichtung keine, die ich darin mit ihr vergleichen möchte. Sie hat, wie Goethe sagt, Lessingschen Verstand. Und dieser Verstand verträgt sich auf das Beste mit wahrer Gemüthstiefe. Als Klopstock in einer feiner Oden Gott mit erhabenen Worten anflehte, ihm die Geliebte zu geben, machte Lessing die treffende und ergötz­liche Bemerkung:Welche Verwegenheit, Gott so ernstlich um eine Frau zu bitten!" Dagegen ist es wahr und natürlich, wenn in Lessings eigener Dichtung eine Frau, die den Mann ihres Herzens wieder gefunden hat, ein so freudiges Gebet wortlosen Dankes emporsendet.

Sobald sie der Nähe Tellheims gewiß ist, erscheint ihr Alles gut; jetzt fühlt sie sein Schicksal in ihrer Hand, und diese wird den Knoten zu lösen wissen. Nur ein Ausbruch von Zorn und Mitleid trifft den Wirth: Häßlicher Mann, wie konnten Sie gegen ihn so unfreundlich, so hart, so grausam sein?" Unglücklich ist Tellheim nicht mehr, denn er hat ja auch sie wiedergesunden.Er jammert dich?" ruft sie Franziska zu,mich jammert er nicht. Unglück ist auch gut. Vielleicht, daß ihm der Himmel Alles nahm, um ihm in mir Alles wiederzugeben". Und wie Minna ihn wiedersieht und von ihm selbst hören muß, daß er sich einenElenden"