Issue 
(1880) 39
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427
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Ueber G. L. Lessing. II.

§27

ritter, der in der nichtswürdigsten Weise die Kunst versteht und übt, die Tellheim selbst in der besten und ehrlichsten Form verschmäht: oorriAsr In kortains! Es giebt Leute die Menge, die vom Kriege nichts lernen, aber eines gleich nach dem Frieden vergessen: wie sehr sie noch eben im Kriege für Haus und Habe gezittert und jeden Soldaten als erhabenen Beschützer verehrt und als Held bewundert haben. Unser Wirth ist davon ein so ein­leuchtender Typus, daß Just an seinem Beispiel diese Erfahrung bestätigt: Warum wart ihr denn im Kriege so geschmeidig, ihr Herren Wirthe? Warum war denn da jeder Offizier ein würdiger Mann und jeder Soldat ein ehrlicher braver Kerl? Macht euch das Bischen Friede schon so übermüthig?"

Wenn die Welt ihrer Kämpfe satt und müde ist, macht sie ihr Bischen Friede". Aber die wahre Ausgeburt des Krieges soll der volle und ganze Friede sein, der in den Gemüthern der Menschen geschlossen wird und die Grundlagen alles echten Menschenglücks wiederherstellt. Mit dieser Lösung wollte Lessing seine Dichtung vollenden. In Tellheims Leben war noch Krieg trotz des Hubertsburger Friedens; hat er doch mitten in der Hauptstadt noch so eben die letzte Nacht durch campiren müssen! Jetzt ist Friede geworden, nachdem seine Minna ihn besiegt und sein König ihm die vollste Genugthuung gewährt hat; jetzt hat er sich und das Ideal seines Lebens wiedergefunden:Nun ist mein ganzer Ehrgeiz wiederum einzig und allein ein ruhiger, zufriedener Mensch sein; der werde ich mit Ihnen, liebste Minna, unfehlbar werden, der werde ich in Ihrer Gesellschaft unveränderlich bleiben". Was kann man Besseres sein wollen und sein? Dies ist echtes, wahres Menschenglück! Daß es der preußische Major mit dem sächsischen Edelfräulein gewinnt, darf in unsrem Stück nach Goethes Auslegung als ein poetisches Sinnbild des Huberts­burger Friedens erscheinen. Nehmen wir es in seiner rein menschlichen Form, wie uns der Dichter seine Entstehung und Vollendung geschildert hat: dieses Glück wird in den Stürmen des Krieges gesäet, im Frieden geerntet, durch zwei herrliche soldatische Tugenden, Tapferkeit und Mitleid, verdient denn die tapfersten Männer sind auch die mitleidigsten!" durch die weibliche Liebe erhalten und neu begründet. Darum nannte Lessing sein Lustspiel:Minna von Barnhelm oder das Soldatenglück".