Mansarde dicht am Westende des Thiergartens, ebenso reich wie geschmackvoll eingerichtet, und beinah Wand an Wand mit Dnquede. „Sollen wir gute Nachbarschaft mit ihm halten?" hatten sie sich im Augenblick ihres Eintretens unter gegenseitiger Heiterkeit gefragt.
Melanie war sehr glücklich über Wohnung und Einrichtung, überhaupt über Alles, und gleich am anderen Vormittage setzte sie sich, als sie allein
war, in eine der tiefen Fensternischen und sah auf die bereiften Bäume
des Parks und auf ein paar Eichkätzchen, die sich haschten und von Ast zu Ast sprangen. Wie oft hatte sie dem zugesehen, wenn sie mit Liddi und Heth durch den Thiergarten gefahren war! Es stand plötzlich Alles wieder
vor ihr, und sie fühlte daß ein Schatten auf die heileren Bilder ihrer
Seele fiel.
Endlich aber zog es auch sie hinaus, und sie wollte die Stadt wieder sehen, die Stadt und bekannte Menschen. Aber wen? Sie konnte nur bei der Freundin, bei dem Musikfräulein vorsprechen. Und sie that es auch, ohne daß sie schließlich eine Freude davon gehabt hätte. Anastasia kam ihr vertraulich und beinah überheblich entgegen, und in begreiflicher Verstimmung darüber kehrte Melanie nach Hause zurück. Auch hier war nicht alles, wie es sein sollte, das Vrenel in schlechter Laune, die Zimmer überheizt, und ihre Heiterkeit kam ihr erst wieder, als sie Rubehns Stimme draußen aus den: Vorflur hörte.
Und nun trat er ein.
Es war um die Theestunde, das Wasser brodelte schon und sie nahm des geliebten Mannes Arm und schritt plaudernd mit ihm über den dicken, türkischen Teppich hin. Aber er litt von der Hitze, die sie mit ihrem Taschensuche vergeblich sortzusächeln bemüht war. „Und nun sind wir im Norden!" lachte er. „Und nun sage, haben wir im Süden je so was von Gluth und Samum auszuhalten gehabt?"
„O doch, Rüben. Entsinnst Du Dich noch, als wir das erste Mal nach dem Lido hinaussuhren? Ich wenigstens vergeh es nicht. All mein Lebtag Hab ich mich nicht so geangstigt, wie damals auf dem Schiff: erst
die Schwüle uud dann der Sturm. Und dazwischen das Blitzen. Und wenn es noch ein Blitzen gewesen wäre! Aber wie feurige Laken fiel es vom Himmel. Und Du warst so ruhig".
„Das bin ich immer, Herz, oder such' es wenigstens zu sein. Mit unsrer Unruhe wird nichts geändert und noch weniger gebessert".
„Ich weiß doch nicht, ob Du Recht hast. In unserer Angst und Sorge beten wir, auch wir, die wir's in unseren guten Tagen an uns kommen lassen. Und das versöhnt die Götter. Denn sie wollen, daß wir uns in unserer Kleinheit und Hilfsbedürftigkeit fühlen lernen. Und haben sie nicht Recht?"
„Ich weiß nur, daß Du Recht hast. Immer. Und Dir zu Liebe sollen auch die Götter Recht haben. Bist Du zufrieden damit?"