L'Adultera.
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ich nicht den Mnth habe, ihm zu widersprechen. Ich meine, wirklich zu widersprechen. Denn etwas widersprochen Hab ich ihm. Aber da fuhr er mich an und sagte: „Das unterbleibt. Ich habe nicht Lust, um solcher Allotria willen bei Seite geschoben zu werden. Und sieh Dich vor, Jacobine. Du bist ein entzückendes, kleines Weib (er sagte wirklich so), aber ihr seid wie die Zwillinge, wie die Druv-Aepfel, und es spukt Dir auch so was im Blut. Ich bin aber nicht Van der Straaten und führe keine Generositätskomödien auf. Am wenigsten auf meine Kosten". Und dabei warf er mir äs Laut sn bu8 eine Kußhand zu und ging aus dem Zimmer.
Und was that ich? Ach, meine liebe Melanie, nichts. Ich habe nicht einmal geweint. Und nur erschrocken war ich. Denn ich fühle, daß er Recht hat und daß eine sonderbare Neugier in mir steckt. Und darin treffen es die Bibelleute, wenn sie so vieles auf unsere Neugier schieben. . . Elimar, der freilich nicht mit zu den Bibelleuten gehört, sagte mal zu mir: „Das
Hübscheste fei doch das Vergleichenkönnen". Er meinte, glaub ich, in der Kunst. Aber die Frage beschäftigt mich seitdem, und ich glaube kaum, daß es sich auf die Kunst beschränkt. Uebrigens hat Gryczinski noch in diesem Winter oder doch im Frühfahr eine kleine Generalstabsreise vor. Und dann feh ich Dich. Und wenn er wiederkommt, so beicht' ich ihm Alles. Ich kann es dann. Er ist dann immer so zärtlich. Und ein Blaubart ist er überhaupt nicht. Und bis dahin Deine
Jacobine.
Melanie ließ das Blatt fallen und Rubehn nahm es auf. Er las nun auch und sagte: „Ja, Herz, das sind die Tage, von denen es heißt, sie
gefallen uns nicht. Ach, und sie beginnen erst. Aber laß, laß. Es rennt sich Alles todt und am ehesten das".
Und er ging an den Flügel und spielte laut und mit einem Anfluge heiterer Uebertreibung: „Mit meinem Mantel vor dem Sturm, beschützt
ich Dich, beschützt ich Dich".
lind daun erhob er sich wieder und küßte sie, und sagte: „ollssr ux,
äsar!"
XX. Liddi.
„Ollssr ux, äsar" hatte Rubehn Melanie zugerufen und sie wollte dem Zurufe folgen. Aber es glückte nicht, konnte nicht glücken, denn jeder neue Tag brachte neue Kränkungen. Niemand war für sie zu Haus, ihr Gruß wurde nicht erwiedert, und ehe der Winter um war, wußte sie, daß man sie, nach einem stillschweigenden Uebereinkommen, in den Bann gethan habe. Sie war todt für die Gesellschaft, und die tiefe Niedergedrücktheit ihres Gemüths hätte sie zur Verzweiflung geführt, wenn ihr nicht Rubehn in dieser Bedrängnis) zur Seite gestanden hätte. Nicht nur in herzlicher Liebe, nein vor allem auch in jener heitren Ruhe, die sich der Umgebung entweder mit- zutheilen oder wenigstens nicht ohne stillen Einfluß auf sie zu bleiben Pflegt.
Nord und Süd XIV. 40. 6