L'Adultera.
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anders. Ich Hab einmal in einem Buche gelesen, und nicht in einem schlechten Buche, die Kinder, die Narren und die Poeten, die hätten immer Recht. Vielleicht überhaupt, aber von ihrem Standpunkt aus ganz gewiß. Und ich bin eigentlich alles Drei's, und daraus magst Du schließen, wie sehr ich Recht habe. Dreifach recht. „Ich will spielend entbehren lernen" sagst Du. Ja, Lieber, das will ich, das ist es, um was es sich handelt. Und Du glaubst
einfach, ich könn' es nicht. Ich kann es aber, ich kann es ganz gewiß, so
gewiß ich diesen Finger aushebe, und ich will Dir auch sagen, warum ich es kann. Den einen Grund hast Du schon errathen: weil ich es mir so romantisch denke, so hübsch und apart. Gut, gut. Aber Du hättest auch sagen können, weil ich andere Vorstellungen vom Glück habe. Mir ist das Glück etwas anderes als ein Titel oder eine Kleiderpuppe. Hier ist es,
oder nirgends. Und so dacht' ich und fühlt' ich immer, und so war ich
immer, und so bin ich noch. Aber wenn es auch anders mit mir stünde, wenn ich auch an dem Flitter des Daseins hinge, so würd' ich doch die Kraft haben, ihm zu entsagen. Ein Gefühl ist immer das herrschende, und seiner Liebe zu Liebe kann man Alles, Alles. Wir Frauen wenigstens. Und ich gewiß. Ich habe so Vieles freudig hingeopfert und ich sollte nicht einen Teppich opfern können! Oder einen Verticot! Ach, einen Verticot!" und sie lachte herzlich. „Entsinnst Du Dich noch, als Du sagtest: „Alles sei
jetzt Enquste". Das war damals. Aber die Welt ist inzwischen fortgeschritten und jetzt ist alles Verticot!"
Er war nicht überzeugt, seine praktisch-patrizische Natur glaubte nicht an die Dauer solcher Erregungen, aber er sagte doch: „Es sei. Versuchen
wir's. Also ein neues Leben, Melanie!"
„Ein neues Leben! Und das Erste ist, wir geben diese Wohnung auf und suchen uns eine bescheidenere Stelle. Mansarde klingt freilich anspruchslos genug, aber dieser Trumeau und diese Broncen sind um so anspruchsvoller. Ich habe nichts gelernt und das ist gut, denn wie die meisten, die nichts gelernt haben, weiß ich allerlei. Und mit Toussaint L'Ouverture fangen wir an, nein, nein, mit Toussaint-Langenscheidt, und in acht Tagen oder doch spätestens in vier Wochen geb' ich meine erste Stunde. Wozu bin ich eine Genferin! Und nun sage: Willst Du? Glaubst Du?"
„Ja".
„Topp".
Und sie schlug in seine Hand und zog ihn unter Lachen und Scherzen in das Nebenzimmer, wo das Vrenel in Abwesenheit des Dieners eben den Theetisch arrangirt hatte.
Und sie hatten an diesem Unglückstage wieder einen ersten glücklichen Tag.
XXII. Versöhnt.
Und Melanie nahm es ernst mit jedem Warte, das sie gesagt hatte. Sie hatte dabei ganz ihre Frische wieder, und eh ein Monat um war, war