L'Adultera.
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bei dem Kutscher etwas von Gepäckstücken sichtbar war, war auch niemand da, der sich dienstbar gezeigt und den Droschkenschlag geöffnet hätte. Sie
mußt' es von innen her selber thun und sah sich um und suchte. „Wenn
er nicht da wäre!" Doch sie hatte nicht Zeit es auszudenken. Im nächsten Augenblicke schon trat von einem der Auffahrtspfeiler her Rubehn an sie heran und bot ihr die Hand, um ihr, beim Aussteigen behülflich zu sein. Ihr Fuß stand eben aus dem mit Stroh umwickelten Tritt und sie lehnte den Kopf an seine Schulter und flüsterte: „Gott sei Dank! Ach, war das eine Stunde! Sei gut, einzig Geliebter, und lehre sie mich vergessen".
Und er hob die geliebte Last und setzte sie nieder, und nahm ihren
Arm und das Täschchen, und so schritten sie die Treppe hinauf, die zu dem Perrou und dem schon haltenden Zuge führte.
XVII. Della Salute.
„Nach Süden!" Und in kurzen, oft mehrtägig unterbrochenen Fahrten, wie sie Melanies erschütterte Gesundheit unerläßlich machte, ging es über den Brenner, bis sie gegen Ende Februar in Rom eintrafen, um daselbst das Osterfest abzuwarten und „Nachrichten aus der Heimath". Es war ein absichtlich indifferentes Wort, das sie wählten, während es sich doch in Wahrheit um Mittheilungen handelte, die für ihr Leben entscheidend waren, und die länger ausblieben als erwünscht. Aber endlich waren sie da, diese „Nachrichten aus der Heimath" und der nächste Morgen bereits sah Beide vor dem Eingang einer kleinen englischen Kapelle, deren alten Reverend sie schon vorher kennen gelernt und, durch seine Milde dazu bestimmt, ins Vertrauen gezogen hatten. Auch ein Paar Freunde waren zugegen, und unmittelbar nach der kirchlichen Handlung brach man auf, um, nach monatelangem Eingeschlossensein in der Stadt, einmal außerhalb ihrer Mauern aufathmen und sich der Crocus und Veilchenpracht in Villa d'Este freuen zu können. Und Alles freute sich wirklich, am meisten aber Melanie. Sie war glücklich, unendlich -glücklich. Alles was ihr das Herz bedrückt hatte, war wie mit einem Schlage von ihr genommen und sie lachte wieder, wie sie seit lange nicht mehr gelacht hatte, kindlich und harmlos. ' Ach, wem dies Lachen wurde, dem bleibt es und wenn es schwand, so kehrt es wieder. Und es überdauert alle Schuld und baut uns die Brücken vorwärts und rückwärts in eine bessere Zeit.
Wohl, es war ihr so frei geworden an diesem Tag, aber sie wollt' es noch freier haben, und als sie, bei Dunkelwerden, in ihre Wohnung zurückkehrte, drin die treffliche römische Wirthin außer dem hohen Kaminfeuer auch schon die dreidvchtige Lampe angezündet hatte, beschloß sie denselben Abend noch an ihre Schwester Jacobine zu schreiben, allerlei Fragen zu thun und nebenher von ihrem Glück und ihrer Reise zu plaudern.
Und sie that es und schrieb.