Soziale Herkunft von Elite und Bevölkerung.
Betrachtet man zunächst die Verteilung der Herkunftsklassen der Führungspersonen miteinander (Zeilen„Gesamtelite“ in Tabelle 2) so stellt man fest, daß sowohl 1981 als auch 1995 alle Herkunftsklassen annähernd gleich stark mit je einem Drittel in der Elite vertreten sind. Im Zeitverlauf ist ein leichter Trend zur Verkleinerung der Gruppe mit Herkunft aus der oberen Dienstklasse und zur Vergrößerung der Gruppe mit Herkunft aus den Nichtdienstklassen zu verzeichnen. Dieser bewegt sich jedoch am Rande der Interpretierbarkeit. Vergleicht man die Herkunftsstruktur in Bevölkerung und Elite dann stellt man fest, daß die Personen, deren Vater der Dienstklasse(obere und untere) angehörte, deutlich überproportional in der Elite vertreten sind, während im Gegensatz dazu Personen deren Vater keiner Dienstklasse angehörte stark unterrepräsentiert sind. Diese soziale Disproportionalität zwischen Elite und Bevölkerung findet ihren Ausdruck in einem Differenzindex von 46. Der Differenzindex ist zwischen 0 und 100 gebunden, das heißt, daß eine erhebliche Ungleichheit zwischen Elite und Bevölkerung bezüglich der sozialen Herkunft festgestellt werden muß. Die Disproportionalität hat sich in den 14 Jahren, die zwischen beiden Studien vergingen, nur leicht verändert. Der Differenzindex für den Befragungszeitpunkt 1995 beträgt 40 für den gesamtdeutschen Vergleich und 39, wenn nur westdeutsche Bevölkerung und westdeutsche Elitepositionen miteinander verglichen werden. Die Dienstklassen, insbesondere die obere Dienstklasse, bilden nach wie vor das prädestinierte Rekrutierungsreservoir für gesellschaftliche Führungspositionen.
Vergleicht man zunächst die Zusammensetzung der einzelnen Elitesektoren im Jahre 1981 mit der sozialen Zusammensetzung der Bevölkerung 1981 fällt ins Auge, daß die Gewerkschaftsspitzen fast ideal die soziale Zuammensetzung der Bevölkerung wiederspiegeln. Der Differenzindex zwischen Bevölkerung und Gewerkschaftselite ist mit 2,4 sehr klein. Als„nächstplazierter“ in der nach absteigender Bevölkerungsähnlichkeit geordneten Tabelle 2 folgen die Führungsspitzen der SPD (Differenzindex 26) und, mit geringem Abstand, der CDU/CSU(Differenzindex 30). Die stärksten Abweichungen von der Bevölkerungszusammensetzung finden wir beim Militär(Differenzindex 68) und den Verwaltungseliten(Differenzindex 53), die ihren Rekrutierungsschwerpunkt in der unteren Dienstklasse haben, sowie den Spitzenpolitikern der FDP(Differenzindex 58), die vorrangig aus der oberen Dienstklasse herkommen. Wirtschafts- und Wirtschaftsverbandseliten(Differenzindex 51 und 52) haben ihren Rekrutierungsschwerpunkt ebenfalls in der oberen Dienstklasse.
Auch 1995 unterscheiden sich die Gewerkschaftsspitzen in ihrer Sozialstruktur am wenigsten von der Bevölkerung. Dennoch haben sie sich inzwischen von der fast vollständigen sozialen Proportionalität, die sie 1981 hatten, entfernt(Differenzindex 1981: 2,4; 1995: 10; 1995, nur West: 5), untere und auch obere Dienstklasse haben als Herkunftsschichten für Gewerkschaftseliten an Bedeutung gewonnen.
Bemerkenswert ist, wie stark die landläufig als„Arbeitnehmerpartei‘ wahrgenommene SPD inzwischen von der Sozialstruktur der Bevölkerung abweicht. Der Anteil an Führungskräften dieser Partei, die nicht der Dienstklasse entstammen ist auf 34% zurückgegangen. Der Ungleichheitsindex