Tabelle 2: Erstplazierte Indikatoren für materialistische und postmaterialistische Werthaltungen in ost- und westdeutscher Elite und Bevölkerung(Spaltenprozentwerte)
Bürgereinfluß
Stabile Preise
' Bezeichnet die„Herkunfts“-Elite, bestimmt nach Geburtsort.
Dies kann auch als Ausdruck einer andersartigen Demokratievorstellung gewertet werden, denn der Schutz der Meinungsfreiheit und plebiszitäre Partizipation werden unter ostdeutschen EliteMitgliedern stärker als im Westen mit der Funktionstüchtigkeit des politischen Systems in Verbindung gebracht. Wie die Beziehungsmaße in Tabelle 3 veranschaulichen, ist nicht das Fehlen von Freiheitsrechten(die in der Bundesrepublik offenbar als garantiert angesehen werden) Ursache von Systemkritik. Doch je weniger ostdeutsche Eliten den Einfluß der Bürger auf Entscheidungen der Regierung als gesichert ansehen, desto unzufriedener sind sie mit dem System der Bundesrepublik. Hierin manifestiert sich unter ostdeutschen Eliten eine Skepsis gegenüber dem repräsentativen Demokratiemodell der Bundesrepublik, die für eine horizontale Integration unter konsensualer Anerkennung demokratischer Grundwerte und-normen nicht unproblematisch sein dürfte.
Tabelle 3: Beziehung zwischen Postmaterialismus und Systemzufriedenheit' in ost- und westdeutscher„Herkunfts“-Elite(Tau b)
Indikatoren für Postmateriaismu
„Mehr Einfluß der Bürger auf die Entscheidungen der Regierung“?
„ Schutz des Rechts auf freie Meinungsäußerung“?
' Operationalisiert über die Frage nach der Funktionstüchtigkeit des politischen Systems. Codierung: 1=,Es funktioniert gut und muß nicht verändert werden“; 2=,Es funktioniert im großen und ganzen gut, muß aber in einigen Punkten verändert werden“; 3=,Es funktioniert nicht gut und muß in vielen Punkten verändert werden“; 4=,Es funktioniert überhaupt nicht und muß völlig verändert
werden“. 2 Ranggeordnete Codierung: niedriger Wert= Rangplatz 4= niedrigste Priorität- hoher Wert= Rangplatz 1= oberste Priorität.
Drittens: In der Bevölkerung der Neuen Bundesländer kristallisiert der Materialismus im Wunsch nach Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung(vgl. Tab. 2). Deutlich mehr als die Hälfte der Befragten in dieser Gruppe plaziert dieses Item auf Rang 1 der Prioritätenskala. In der Forderung nach mehr Bürgereinfluß bei politischen Entscheidungen ähnelt sich die Bevölkerung in den alten und neuen Ländern, doch unterscheidet sie sich in der Relevanzbewertung des Schutzes der Meinungsfreiheit. Nicht nur, daß viermal so viele West- wie Ostdeutsche dieses Item auf Platz eins der Prioritätenliste setzen. Für die ostdeutsche Bevölkerung ist dieser Wert sogar von geringstem Gewicht und wird selbst dem Wunsch nach einer stabilen Preisentwicklung nachgeordnet.