Druckschrift 
"Kontinuität und Wandel der deutschen Führungsschicht : Ergebnisse der Potsdamer Elitestudie 1995" ; Zusammenstellung der Vorträge des Symposions vom 11. Oktober 1996 an der Universität Potsdam / Primärforscher: Wilhelm Bürklin
Entstehung
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Wie Tabelle 7 deutlich macht, kristallisiert in der Bevölkerung der alten und neuen Bundesländer der Wunsch nach Ruhe und Ordnung in der Forderung nach Schutz vor Kriminalität, wobei das Beziehungsmaß im Osten sehr viel schwächer ausgeprägt ist als in der westdeutschen Bevölkerung. Der Zugewinn politischer und persönlicher Freiheiten geht auch mit ihrem Mißbrauch durch kriminelle Enthemmung einher, was von den ehemaligen DDR-Bürgern heute neben einem Mangel an sozialer Sicherheit als größte individuelle Bedrohung empfunden wird. Wünsche nach Abbau der Arbeitslosigkeit, der Verhinderung des Mißbrauchs sozialer Leistungen und der Bekämpfung der Kriminalität sind daher bei der Bevölkerung der neuen Länder kaum oder überhaupt nicht durch die Affinität zu materialistischen Werten erklärbar.

Tabelle7: Zusammenhang zwischen Issue-Prioritäten und Erstplazierung der Indikatoren für materialistische Werte in ost- und westdeutscher Bevölkerung(Tau b)

Westdeutsche| Ostdeutsche|| Westdeutsche| Ostdeutsche POLITIKZIELE Bevölkerung Bevölkerun| Bevölkerung Bevölkerung

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ÖKONOMISCHE| (3) Standortsicherung ‚09.02 4) Abbau Staatsverschuldung0703

SOZIALE (1) Gleiche Lebensbedingungen in Ost- und Westdeutschland (2) Abbau Arbeitslosigkeit (7) Sicherung Sozialstaat

9) Sozialmißbrauch verhindern

KULTURELL-TRANSNATIONALE (5) Europäische Vereinigung 10) Ausländerintegration

INNERE SICHERHEIT VORSORGENDE (8) Kriminalität bekämpfen 11) Extremismus unterbinden

Unabhängige Item-Einstufung(Rating) auf einer Wichtigkeitsskala vonganz unwichtig= 1 bis 7= sehr wichtig. ' Codierung: niedriger Wert(1)= 4. Rang- hoher Wert(4)= 1. Rang.

Andererseits ist der Postmaterialismus, wie aus Tabelle 8 hervorgeht, in der westdeutschen Bevölkerung durch die Betonung von Umweltschutz und verbesserter Integration von Ausländern charakterisiert. Hingegen bleibt er in Ost-Deutschland nicht nur quantitativ schwach verbreitet, sondern in seinen qualitativen Merkmalen auch relativ diffus. Offensichtlich sind die Wertvorstellungen der ostdeutschen Bevölkerung zu wenig konturiert, um Relevanz für die politische Einstellungsbildung zu haben. Vermutlich ist die Ostdeutsche Bevölkerung in ihrer Problemwahrnehmung noch immer vom Transformationsschock und einem vereinigungsbedingten Problemkonglomerat geprägt, in dessen Mittelpunkt die Verunsicherungen durch Arbeitslosigkeit und Kriminalitätsangst stehen.