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Das Fontane-Buch : Beiträge zu seiner Charakteristik ; Unveröffentlichtes aus seinem Nachlaß ; das Tagebuch aus seinen letzten Lebensjahren / hrsg. von Ernst Heilborn
Entstehung
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nicht wußte, wie, und ob überhaupt, Ersatz zu schaffen sei. Sechs Jahre später (1876) wiederholt sich Zug um Zug der gleiche Vorgang. Im Anfang des Jahres war Fontane Sekretär der Kgl. Akademie geworden, im August nahm er seinen Abschied, wieder aus dem Impuls heraus, wieder auf irgendeine kleine Verärgerung hin, deren Ursache nicht einmal ganz deutlich zutage tritt, wieder mit der Gewißheit, der Sorge und ihren leeren Augenhöhlen entgegenzugehen. Gewiß; Theodor Fontane war von bürgerlicher Art und trug den Rock des Alltagsmenschen; blieb aber in jedem Augenblick fähig, alles Beengende abzuwerfen, und, wenn man des am wenigsten gewärtig war, tat er's. Im pünkt­lichen Von-neun-bis-eins des Redaktionsdienstes, in an­nehmbarer Beamtenstellung war er Natur geblieben. Ge­riet denn auch 1870 völlig wie ein Traumwandler in die französische Kriegsgefangenschaft.

Bei ihm ist's Wesensart, daß er sich vielfach widerspricht und des kein Arg hat. Er urteilt immer und sorglos aus der Stimmung heraus. Um Ja und Nein sind bei ihm nur die Kreise der fontaneschen Persönlichkeitsauswirkung gezogen, die sich aber schneiden. Einmal schreibt er, und könnte eS stündlich wiederholen:Wie es mir immer geht, wenn ich ein Urteil.ausgesprochen habe, so auch diesmal kaum steht es da, so fang' ich an, die Richtigkeit zu bezweifeln." Naturhaft setzt er Mißtrauen in den Verstand und seine Fähigkeiten:Wer rechnet, ist immer in Gefahr, sich zu verrechnen. Die einfache dumme Kuh trifft immer das richtige Gras."

Alles Gute kann denn auch seiner Empfindung nach, der tief bewährten, nur aus dem eigenen Selbst kommen. Wie Quell aus dem Erdreich. Und:Alles ist Gnade."

Vergegenwärtigt man sich die Worte, in denen Fontane das Schicksal, das Deutschland zwanzig Jahre nach seinem Tode betroffen, vorausgesagt hat, so mag- die Frage auf­steigen, ob etwas wie ein hellseherischer Zug ihm eigen

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