Irdischen gesprochen hatte, fuhr er fort: „Wer an ein Ewiges glaubt (das will hier besagen: ein Fortleben nach dem Tode), dem wird in die'em Zustande erst recht wohl, aber zu den so Beglückten darf ich mich nicht zählen."
Unnötig darauf zurückzukommen, daß die Schicksalsunbill, die ihn in Kriegsgefangenschaft warf und ihn für Tage und Helle Stunden der Nacht dem Tode entgegensetzen ließ, das religiöse Empfinden in ihm steigerte, oder doch zur Aussprache brachte. Hat später der andere Schicksalsschlag, der Tod des Sohnes, die hemmungslose Skepsis und zugleich jenes Durchdrungensein von der Nichtigkeit alles Irdischen in ihm wachgerufen, so wäre damit noch immer nicht gesagt, daß nicht auch sein religiöses Empfinden eben dadurch eine Auspeitschung erfahren haben könnte. Sein eigenes Schweigen besagt da nichts; es sind in unser aller Empfinden die Gegensätze dauernd und unvermittelt nebeneinander.
In seinen Briefen aus der Kriegsgefangenschaft aber stehen (scheußliches Französisch) einmal die Worte, und sind in Hinblick auf die Ungewißheit seines eigenen Schicksals gesprochen: „I^e so^er pss trop triste, laut yue se krit, est par 1a volonrö äu vieu." Und gleich im nächsten Briefe liest man: „Ich habe in diesen drei Wochen mehr französisch gelernt, als sonst in einem Jahr, aber die Anstrengung ist kolossal. Wo die Kräfte Herkommen, weiß ich nicht. Alles Gnade Gottes."
Damit schließt sich der Ring. Ein Selbstschöpfer, der nicht das Geringste aus sich selbst zu vermögen bekannte. Und in solcher Empfindung gewinnt eine skeptische Persönlichkeit ethische Kraft.
Man kann von diesem Wanderer nicht Abschied nehmen, ohne der Gewißheit froh zu sein, ihm immer wieder und an mancher Stelle, wo man es am wenigsten erwarten würde, zu begegnen. Weil doch die Heimat eng und die nämliche ist. Auch ist es, als hätte man, seiner Persönlichkeit nahend,
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8 Fontane-Buch
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