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Das Fontane-Buch : Beiträge zu seiner Charakteristik ; Unveröffentlichtes aus seinem Nachlaß ; das Tagebuch aus seinen letzten Lebensjahren / hrsg. von Ernst Heilborn
Entstehung
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Plaudern nicht Rer und Czako so mit ihrem Freunde Stech- lin, wobei man gern die Frage dahinstellt, ob preußische Leutnants je so anmutigen Geistes gewesen sind? Die Wahrheit zu sagen, so trifft der Einwand, den Fontane gegen Keller erhebt, wenn es ein Einwand ist, ihn selber nicht weniger oder kaum weniger als diesen. Auch er hat die ganze Gotteswelt seinem Fontane-Ton überliefert; und wer möchte es anders wünschen? Der Einwand ist kein Einwand, und Fontanes naturalistisch beeinflußte Stiltheorie ist nicht auf der Höhe seiner Praxis. Zwar trägt jeder Stoff seinen Stil in sich, und der Manierist taugt so wenig wie der Glatt­schreiber. Aber jene stilistische Mimikry, die einen Schrift­steller befähigt, jede Wendung seines Vortrags mit der Atmosphäre der Welt zu erfüllen, die er darstellt, schließt die Einheit und geprägte Eigenart der stilistischen Persön­lichkeit keineswegs aus. Richard Wagner hat, wie jeder Künstler, der diesen Namen verdient, nie zweimal dasselbe gemacht und ist in jedem seiner Werke stilistisch vollkommen ein anderer. Das hindert nicht, daß er an einer einzigen Zeile, einem einzigen Takt aus irgendeinem seiner Werke als ganz er selbst zu erkennen ist. Die Sache ist die, daß der Künstler zwar nicht selber redet, sondern die Dinge reden läßt, daß er sie aber auf seine persönliche Art reden läßt. Und nochmals: wer möchte wünschen, daß Fontane es anders gehalten hätte?

Es ist etwas unbedingt Zauberhaftes um seinen Stil und namentlich um den seiner alten Tage, wie er uns in den Briefen der achtziger und neunziger Jahre wieder entgegen­tritt. Mir persönlich wenigstens sei das Bekenntnis erlaubt, daß kein Schriftsteller der Vergangenheit oder Gegenwart mir die Sympathie und Dankbarkeit, dies unmittelbare und instinktmäßige Entzücken, diese unmittelbare Erhe iter ung, Erwärmung, Befriedigung erweckt, die ich bei jedem Vers, jeder Briefzeile, jedem Dialogfetzchen von ihm empfinde. Diese bei aller behaglichen Breite so leichte, so lichte Prosa

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