Agrarverhaͤltniſſe. 21
Und dieſe Gefahr geht aus den allgemeinen Productionsgeſetzen, aus der Konkurrenz der großen und kleinen Wirthſchaften ſchon von ſelbſt hervor, ſie wird durch die beſtehenden Kredit- und Kulturverhältniſſe noch im künſtlichen Wege geſteigert. An und für ſich waltet auch im Landbau das allgemeine Geſetz, daß der Kapitalgewinn in mehr als arithmetiſcher Progreſſion anwächſt. Wie die große Fabrik weſentlich mehr produzirt, als die ein gleiches Kapital repräſentirenden kleinen Handwerkswirthſchaften, ſo iſt auch der Brutto- und noch mehr der Nettoertrag des umfaſſenden Vorwerks weſentlich größer, als die aus demſelben etwa herzuſtellenden kleinen Bauerwirthſchaften ihn zu erzielen vermöchten. Es liegt dies in den großen Vortheilen des Fruchtwechſels, der Arbeitstheilung und der Arbeits vereinigung, in der Konkurrenz der Arbeitskräfte, in der Verdingwirthſchaft 2c.— alles Hebel, die nur in größeren Wirthſchaften zur vollen Anwendung gelangen können. Der große Gutsbeſitzer nutzt daher den Morgen Landes weſentlich höher, als der kleine bäuerliche Grundbeſitzer, er kann ihn deshalb theurer bezahlen, und wo es daher einem kräftigen und thätigen Vorwerksbeſitzer angemeſſen ſcheint, einen benachbarten Ruſtikalhof mit feinen Feldern zu vereinigen, da wird er auch zum Ziele gelangen, indem Niemand mit ihm gleichen Preis zu halten vermag. Die Konkurrenz der großen und der kleinen Güter wird aber, zum großen Nachtheil der letztern, auch dadurch noch weſentlich geſteigert, daß die Unterrichtsanſtalten und Kulturhebel für die wohlhabenden Volksklaſſen lange beſtehend, unendlich ſorgfältiger gepflegt und vollkommner ausgebildet ſind, als ſie im Verhältniß zu ihren beiderſeitigen Wirkungskreiſen der Ruſtikalfamilie ſich darbieten. Das Dorfſchulweſen jüngern Urſprungs ſteht in feinen Leiſtungen noch in gar keinem Verhältniß zu dem durch die neuere Agrargeſetzgebung hervorgerufenen Bedürfniſſe, und ſo iſt der Stand der Landgemeinden auch durch das Mißverhältniß der geiſtigen Productionskräfte gefährdet.