Agrarverhältniffe 23
zwiſchen den großen und kleinen Gütern am ſicherſten gezü— gelt wird.
Wenn in Preußen die Wirkungen der durch geſell— ſchaftliche Mißverhältniſſe geſteigerten Centraliſationstendenz des Grundvermögens bisher noch nicht weſentlich hervorgetreten ſind, ſo liegt dies vornehmlich in der kaum überſtandenen Vermögenskataſtrophe, der die Mehrzahl der älteren Gutsbeſitzerfamilien erlegen iſt. Dieſe gab überreiche Gelegenheit zum wohlfeilen Güterankauf, die neuen Acquirenten hatten mit der Herſtellung der wirthſchaftlichen Kräfte ſo viel zu thun, daß an eine weitere Ausdehnung nur ausnahmsweiſe zu denken war. Wie aber ſelbſt dieſe Ausnahmen gewirkt haben, wird ſich leicht überſehen laſſen, wenn die Zahl der auf den Rittergütern zur Eigenthums— verleihung gelangten Einſaſſen mit der Zahl der auf denſelben heute noch vorhandenen Ruſtikalbeſitzer verglichen wird.— Kaum dürfte noch die Hälfte vorgefunden werden. Wehe, wenn erſt die Domainenbauern Gegenſtand dieſer durch die beſtehende Agrarverfaſſung ſyſtematiſch provozirten Angriffe ſein werden!
Hier drängt ſich die Frage auf, ob es überhaupt als ein Nachtheil anzuſehen ſei, wenn allmählig die Ruſtikalin Vorwerkswirthſchaften aufgelöſt werden? Denn, wird man behaupten können, da anerkannt die großen Wirthſchaften productiver ſind, als die kleinen, ſo ſcheint es im Intereſſe der Nation zu liegen, daß die Landwirthſchaft nur auf Vorwerken und nicht ferner auf Ruſtikalhöfen betrieben werde. Ueberdies lehrt die neuere Schule, daß die inneren nationalen Productionsverhältniſſe ſich durch das ungeſtörte Walten der freien geſellſchaftlichen Bewegungsprinzipien von ſelbſt am beſten ordnen, und daß jedes mittel⸗ oder unmittelbare Eingreifen des Staats in dieſe Verhältniſſe nur verderblich ſein könne. Es iſt dies eine ernſte Angelegenheit. Die Exiſtenz einiger Millionen von Staatsangehörigen, die bisher als die Grundveſten des Staats be— trachtet und von den preußiſchen Monarchen mit beſonderer