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Die Landgemeinde in Preußen / von Moritz von Lavegne-Peguilhen
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24 Agrarverhaͤltniſſe.

Liebe gehegt wurden, wird in Frage geſtellt. Vielleicht daß hier die ſo zweifelhafte Wahrheit einiger theoretiſchen Prin­zipien über das Fortbeſtehen einer Bevölkerung entſcheidet, die bisher dem theoretiſchen Schwindelgeiſte am wenigſten zugänglich geweſen iſt. Glücklicher Weiſe hält es nicht ſchwer, jene Fragen vollkommen zu Gunſten des Fortbeſte­hens der Landgemeinden zu entſcheiden.

Vom privatwirthſchaftlichen Standpunkte aus iſt es vollkommen richtig, daß die größere Land-, Gewerbs⸗ und Handelswirthſchaft einen bedeutenderen Kapitalgewinn auf­bringt, als die kleinere. Wer beiſpielsweiſe mit hunderttauſend Thalern wirthſchaftet, wird ſein Kapital mit zwanzig Prozent nutzen, während unter gleichen Umſtänden das mit zehntauſend Thalern unternommene Geſchäft vielleicht kaum fünf Pro­zent rentirt. Die Vereinigung umfaſſender Kräfte zu gemein­ſamem productivem Wirken ruft immer eine größere Summe von Gütern ins Daſein, als wenn jene Kräfte in viele Einzelwirthſchaften zerſplittert werden. Aber dieſe unum­ſtößliche Wahrheit iſt nur eine Wahrheit, fo lange es ſich um die Einzelwirthſchaft handelt, alſo vom privatwirth­ſchaftlichen Standpunkte aus. Nationalökonomiſch iſt es eben ſo unumſtößlich wahr: daß nachhaltig nur ſo viel Güter erzeugt werden, als zum Verzehr kom­men, daß die Production durch die Konſumtion bedingt wird. Der Verzehr aber hängt von der Zah­lungsfähigkeit, und dieſe wiederum von der Vermögens­und Erwerbsvertheilung in der Nation ab. Wer keine Güter bezahlen kann, verzehrt keine, für ihn wird nicht produzirt. Sobald das Vermögen und der Erwerb ſich ganz überwiegend in einzelnen Familien concentriren, wird weniger verzehrt, als wenn eine möglichſt gleichmäßige den Kulturſtadien entſprechende Vermögens⸗ und Er­werbsvertheilung in der Nation bewirkt worden iſt?). Wenn alſo das unbewegliche Vermögen, der Grund und Boden

) Vergl. a. a. O. 5. 35.