58- Erbfolgeordnung.
nicht ſchwer werden, daß das ungezügelte Walten des ungeläuterten Rechtsgefühls bei Vererbung der Landgüter ſelbſt dem Miterben nachtheilig ſein müſſe.
In einem vollkommenen Organismus dürfen unter den einzelnen Syſtemen deſſelben keine Conflicte beſtehen; es muß vielmehr überall ein harmoniſcher Einklang walten, und ſchon hieraus läßt ſich folgern, daß auch in dem Ge: ſellſchaftsorganismus die Intereſſen der Production mit denen der einzelnen Geſellſchaftsgenoſſen im Einklange ſtehen werden; daß, wenn jene das Ausſchließen der Miterben von der Erbfolge im Gute fordern, es auch dieſen nützlich ſein müſſe. In der That wird eine ganze einfache Darlegung dieſe Vorausſetzung beſtätigen. Nehmen wir an, der Gutsbeſitzer habe ſeine Wirthſchaft ſchuldenfrei übernommen, oder ſie ſei doch nur mit den der raſchen Amortiſation unterliegenden Bankdarlehnen behaftet, er ſei aber mit einer zahlreichen Nachkommenſchaft geſegnet; ſo wird der Wunſch, alle ſeine Kinder verſorgt zu ſehen, ihn zur Sparſamkeit veranlaſſen, man wird bei ſeinem Tode außer dem Grund- auch noch ein angemeſſenes Baarvermögen vorfinden. Dieſes wird die Mittel zur Ausſtattung der Miterben darbieten, und um ſo bedeutender ſein, als die Liebe zu den von der Erbfolge im Gute ausgeſchloſſenen Kindern den Vater zur Sparſamkeit, Ordnung und guter Wirthſchaft anregt, während dieſe Anregung wegfällt, ſobald das Grundvermögen allen Kindern zu gleichen Theilen zufällt.
Ueberdies kann es nicht in der Abſicht der Erbfolgeordnung liegen, den Anerben von jeder Verpflichtung gegen ſeine Familie frei zu ſprechen. Er wird vielmehr gehalten ſein, derſelben jede ihr nützliche Unterſtützung zu gewähren, ſoweit dies ohne Verletzung der Wirthſchaftsintereſſen, ohne Verſchuldung und Zerſplitterung des Gutes möglich iſt. Den jüngeren Kindern wird Erziehung und Pflege im elterlichen Hauſe zu Theil werden müſſen, und ſelbſt den erwachſenen Geſchwiſtern wird gern der Aufenthalt am heimatlichen Heerde