60 Erbfolgeordnung.
uns jetzt die Wirkungen der gleichen Erbberechtigung aller gleich nahe ſtehenden Familiengliedern zu vergegenwärtigen.
Es giebt drei Wege, um die Theilung eines Landgutes zu realiſiren. Entweder wird daſſelbe öffentlich verkauft und das Kaufgeld unter die Erben vertheilt; oder es wird die Wirthſchaft aufgelöſt und jedem Antheilsberechtigten eine Naturalquote an Boden, Inventarium ꝛc. zugewieſen; oder endlich es wird die Wirthſchaft ein em Erben mit der Verpflichtung übergeben, den Miterben ihre Erbportionen zu verzinſen und demnächſt auszuzahlen. Wir werden jeden dieſer Wege in ſeinen Wirkungen einzeln zu verfolgen haben, um daraus zu entnehmen, welcher den Intereſſen aller Descendenten vorzugsweiſe entſprechen dürfte.
Der nach jedem Erbfall eintretende öffentliche Verkauf hat zur Folge, daß in der Regel keine Familie länger, denn eine Generation, im Beſitze des Gutes verbleibt. Abgeſehen von den ſehr erheblichen Nachtheilen, die dieſer unaufhörliche Beſitzwechſel in materieller und ſittlicher Beziehung für den Staat, für die Familien und beſonders für die den Wirthſchaften zugeſellten Arbeiter und deren Angehörige haben muß, dürfte auch der Baargewinn, den ſo die Miterben erlangen, kaum höher ſich belaufen, als die ihnen aus den älterlichen Erſparniſſen zufallende Ausſtattung, ſofern ſie von der Erbfolge im Grundvermögen ausgeſchloſſen wären. Denn es wirken auf den Verkaufspreis der Landgüter ſo mannigfache Momente ein, und es iſt die Beſtimmung ihres Werthes etwas ſo Unzuverläßiges, daß ſich der Ausfall der Lizitation gar nicht überſehen läßt. Der Preis wird herabgedrückt durch die große Anzahl der unaufhörlich zum Verkauf gelangenden Güter, durch Krieg, Peſt, Handelskriſen, Geldpreisſteigerungen, ꝛc. Auf dieſe Art iſt es durchaus unbeſtimmt, ob auch nur die zu Tage liegenden Werthsobjecte, die Bodenfläche, das Inventarium; ꝛc. einen angemeſſenen Preis erlangen werden, die mehr geheimnißvollen, nur dem gereiften Agronomen erkennbaren Zeugungspotenzen, die im Boden angeſammelten