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Die Landgemeinde in Preußen / von Moritz von Lavegne-Peguilhen
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76 Kulturverhaͤltniſſe.

haben, wo man nicht etwa zur hierarchiſchen Agrarver­faſſung übergegangen war; denn es liegt darin vornehmlich der Grund, weshalb die Unverkäuflichkeit des ländlichen Grundvermögens bei den Juden), und faſt im ganzen Alterthume geſetzlich ausgeſprochen war. Doch eine derar­tige Unbewegbarkeit des Bodens entſpricht nicht den Anfor derungen der vorgeſchrittenen Geſellſchaft. Wir haben erkannt, daß auch der Landbau des mächtigen Thätigkeits­hebels, der Konkurrenz, bedarf; daß dieſe frei wird walten dürfen, ſobald das Mißverhältniß der Wirthſchaftsausdehnung nicht zugleich durch ein daſſelbe überſchreitendes Mißverhält­niß in den Kulturſtadien geſteigert wird. Man darf die Ueberzeugung feſthalten, daß wo ein Ruſtikalgut zur Stall­fütterung oder Koppelwirthſchaft übergegangen iſt; wo daſſelbe vermöge eines geordneten Bankweſens von Zeit zu Zeit ein Meliorationskapital anzuwenden vermag; und wo der Verſchuldung durch eine privilegirte Erbfolge vorgebeugt worden iſt, auch die übermächtigſte Konkurrenz deſſen Eri­ſtenz nicht gefährden, d. h. die höchſten Preiſe deſſen Ver­kauf nicht veranlaſſen werden, ſobald der Beſitzer zugleich den zur Ausfüllung ſeines Wirkungskreiſes nothwendigen Bildungsgrad erlangt hat. Es werde die kleine Wirthſchaft nur verhältnißmäßig ihrer inneren Verfaſſung und Beſtim­mung nach fo gut geleitet, als die große, und die Nachbar­ſchaft dieſer wird ihr in keiner Weiſe gefahrbringend ſein.

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) Vergl. Caſſagnac a. a. O. S. 330., wo in einer Anmerkung der Ueberſetzer dieſes genialen Werkes dieſe Anſicht ausſpricht. Endlich fängt man an, die Geſchichte wahrhaft fruchtbringend, behufs Erken­nung der Geſellſchaftsgeſetze und zum Nutzen der Menſchheit, auszu beuten. Und abermals ſind es die Franzoſen, die den ſo tiefen und gelehrten Deutſchen den Weg bahnen müſſen. Wann werden dieſe end­lich zu der Ueberzeugung gelangen, daß das höhere Kulturleben ſeine Wurzel in einem geordneten Güterleben hat, und daß, um zu jenem zu gelangen, man zuvor dieſes geſtalten, alſo die Geſetze deſſelben erfor­ſchen müſſe?