Kulturverhaͤltniſſe. 87
Anforderungen genügt werden, die Wirthſchaft gedeihen und ſicher ſtehen ſoll. Dabei hat die Schule das Bedürfniß der Ordnung und Reinlichkeit zu erwecken, durch Turnübungen die Körperkräfte der Dorfjugend auszubilden; ſie ſoll Unterricht im Obſtbau, in der Bienen- und Seidenzucht ertheilen; Belehrung über die Grundprinzipien des Landbaues, über Kommunal- und Polizeiverfaſſung geben, und endlich religiöſe und ſittliche Gefühle in den jugendlichen Gemüthern ausbilden. Wahrlich, wenn unſere Schu— len dieſe Aufgabe löſen, werden ſie ſich ein unſterbliches Verbienſt um die Menſchheit erwerben. Es kommt nur darauf an, welchen Grad von wiſſenſchaftlicher Bil— dung ſie zugleich hervorzurufen ſich beſtreben ſollen, d. h. was für Geiſteskräfte und Kenntniſſe in den jugendlichen Seelen zu erwecken und niederzulegen ſind, die nur mittel» baren Einfluß auf die Löſung der vorliegenden practiſchen Aufgaben haben. Ob etwa neben dem Unterricht im Leſen, Schreiben und Rechnen, und neben einem gedrängten Abriß der vaterländiſchen Geſchichte und Geographie, auch noch andere Theile der Geſchichte und Erdkunde, ob etwa Gram— matik, Naturgeſchichte, Philoſophie ꝛc. vorzutragen wären?
Auch in dieſer Beziehung wird das ungeläuterte Gefühl uns irre leiten. Wer wollte nicht wünſchen, das höchſte Maaß wiſſenſchaftlicher Bildung ſelbſt mit den niedrigſten geſellſchaftlichen Stellungen vereint zu ſehen! Allein einerſeits hat dieſe Vereinigung ihre Gränzen, und die höheren Kulturſtadien ſind nur bei entſprechendem Wohlſtande zu erzeugen und zu erhalten, andererſeits iſt bei anſtrengender Körperarbeit weder Zeit noch Neigung zu unfruchtbaren wiſſenſchaftlichen Spekulationen zu erwarten; endlich iſt auch die Bildung nur eine geſunde, wahrhaft fruchtbringende, welche Sprünge vermeidet; die ihren Forſchungs— und Ideenkreis von dem Nahen zum Entfernten, von dem Leichten zum Schweren, von der unmittelbaren Anſchauung zur tiefen Spekulation ausdehnt. Der Landmann wird demnach zunächſt die Fähigkeiten in ſich ausbilden müſſen,