96 Gemeindeordnung.
Aber nur inſoweit es ſich um Verhältniſſe handelt, die auch in einer iſolirten, von jedem Staats⸗ und Geſellſchaftsverbande getrennten Gemeinde zur Sprache kommen würden, dürfen dieſe einer unbeſchränkten Selbſtregierung anheimge— geben werden. Nur die naturrechtlichen Verhältniſſe der Gemeinden ſind dieſen autonomiſch zu überlaſſen. Wo die benachbarten Gemeinden und die geſammte Staatsgeſellſchaft unmittelbar mitbetheiligt ſind, da tritt der Reſſort der Staatsgewalt ein, und ſoſern auch die Wahrnehmung der—artiger Angelegenheiten den Gemeinden und ihren Beamten zugewieſen iſt, find dieſe nur als Beauftragte, als Staats; beamte zu betrachten. Die Gemeinde in ihrer Eigenſchaft einer ſelbſtſtändigen Perſönlichkeit, in ihrer innern, natur: rechtlichen Stellung bildet die Realgemeinde, oder die Gemeinde ſchlechtweg. In ihren äußeren Verhältniſſen zur Geſellſchaft und als Organ der Staatsgewalt, ſtellt fie die politiſche Gemeinde oder den Polizeireſſort der Gemeindeverwaltung dar. Wie ſchon die ganz entgegengeſetzten Entſtehungs⸗ und Lebensmomente vorausſetzen laſſen, ſind die Entwickelungsbedingungen beider Richtungen des Gemeindelebens durchaus abweichend. Wir werden hier zunächſt die Grundlagen des realen Gemeindelebens zu bezeichnen ſuchen, die Communal⸗Polizeiverfaſſung aber in dem folgenden Abſchnitte zur Erörterung bringen.
Als erſte Bedingung der Geſtaltung eines lebenskräf— tigen Vereins- oder Gemeindelebens giebt ſich die Gemeinſamkeit der Intereſſen zu erkennen; wo dieſe fehlt, da werden auch keine wirkſamen Vereine ſich geſtalten. Je umfaſſender dagegen dieſe Intereſſen, um ſo ſtärker das die Vereinsgenoſſen umſchließende Band, um ſo mächtiger der Schutz und die Kraft, die dem Einzelnen aus dem Vereinsleben erwachſen. Daher waren ſelbſt die unterthänigen Landgemeinden wohl baſirt; ſie beſaßen gemeinſchaftliches Vermögen, gemeinſame Rechte und Pflichten; ihre Aecker lagen unter einander und wurden nach gemeinſamer Berathung bewirthſchaftet ꝛc., und es iſt keinem Zweifel unterworfen,