Gemeindeordnung. 101

zu werden wünſcht, für deſſen Steuerquoten und Bank— ſchulden ſie eventualiter aufkommen ſoll; ſie wird durch ihr eigenes Intereſſe veranlaßt, zahlungs- und wirthſchafts— unfähigen, wie beſcholtenen Subjecten die Aufnahme zu verſagen. Sofern der Anerbe durch Teſtament bezeichnet worden, gebührt der Gemeinde ein Proteſtationsrecht, im Falle deſſen Perſönlichkeit beſcholten, oder deſſen Wirth­ſchaftstüchtigkeit und Vermögen ungenügend ſind; fehlt die letztwillige Beſtimmung, ſo hat ſie unter den Erben den zu bezeichnen, der den Hof annehmen ſoll, und wird durch das eigene Intereſſe veranlaßt, den Würdigſten und Tüch­tigſten auszuwählen. Die jungen Leute aber ſind gezwun­gen, ſich um die Achtung der Gemeinde zu bewerben, wenn fie in das väterliche Erbe gelangen wollen. Die Gemeinde: genoſſen müſſen ein gleiches Ziel verfolgen, weil mit der Achtung zugleich der Kredit verloren geht. So lange die höheren Motive der Sittlichkeit fehlen, darf auch der Eigen­nutz nicht als anregendes Prinzip verſchmäht werden. Auch die Schweizer und Salzburger Kolonieen Litthauens hatten eine ähnliche Verfaſſung. Daß aber den Gemeinden das ganze Hypothekenweſen, das Vormundſchaftsweſen, Seque­ſtrationsverfahren, der freiwillige und gezwungene Verkauf und Kauf ohne Schaden anzuvertrauen wäre, ſehen wir an den ſogenannten Schöffengerichten im Regierungsbezirke Coblenz auf der rechten Rheinſeite, einem Inſtitute, welches feines Gleichen in der Monarchie nicht hat“). Natürlich entſcheidet aber hier der Bildungsſtand der Gemeinden, und wo in der Ortsgemeinde die zureichenden Kräfte ſich nicht vorfinden, da wird die Kreisgemeinde vermittelnd einſchreiten müſſen. Errichtet man überdies noch in den Landgemeinden gemeinſame Productions- und Kulturhebel: Chauſſeen, Gräben, Pflanzungen, Baumſchulen, Schmieden, Ueberrieſelungen, Krankenhäuſer, Schulen, Kirchen ꝛc:; wird etwa Kommunalvermögen erworben und zugleich ein weſent

) Vergl. v. Haxthauſen, Gutachten. Th. 1. S. 148