Gemeindeordnung. 163
Wie in jedem geſellſchaftlichen Verbande, giebt ſich auch in der Gemeinde zunächſt das Bedürfniß einer geſetzgebenden Gewalt zu erkennen; die vollziehende Gewalt bedarf der Kontrolle, und es iſt demnach ein geſetzgebendes und beaufſichtigendes Organ in der Gemeinde zu bilden: der Gemeinderath. Dieſer würde der herkömmlichen Verfaſſung gemäß vorzugsweiſe aus den geſpannhaltenden Grundbeſitzern des Gemeindebezirks beſtehen, denen eine Virilſtimme in der Verſammlung gebührt. Für die Zukunft gelangt zu dieſer Berechtigung nur, wer als Käufer oder Erbe die Beſtätigung des Gemeinderaths erlangt hat, über deſſen Vermögen, moraliſche und wirthſchaftliche Bildung keine Zweifel obwalten. Doch dürfen, ſchon weil das Gemeindeleben eine bildende Kraft hat, die gewerbtreibenden und eigenthumsloſen Bewohner des Gemeindebezirks, die Tagelöhner ꝛc. von der Theilnahme an der Kommunalge— ſetzgebung nicht ganz ausgeſchloſſen werden; es wird ihnen nach Maaßgabe ihrer Steuerquoten eine mehr oder weniger ausgedehnte Kollektivſtimme im Gemeinderath zu ertheilen ſein, ſie werden in demſelben durch Abgeordnete vertreten. Der Gemeinderath hat die Aufgabe, die Verwaltung der Dorfſchulzen und der Schöppen in Gemeindeangelegenheiten zu begleiten und zu unterſtützen; dieſe Verwaltung innerhalb der beſtehenden Geſetzgebung macht den Gegenſtand ſeiner Berathung und ſeiner Beſchlüſſe aus. Bei allen Abgaben, Leiſtungen und Naturaldienſten zu den Gemeindebedürfniſſen ſoll der Gemeinderath zuvor mit feinem Gutachten gehört werden; auch ſollen ihm von allen Geldern, welche dahin verwendet worden, die Rechnungen alljährlich zur Abnahme vorgelegt werden. Es iſt die Begleitung des Vorſtandes durch den Gemeinderath ein Grundzug der Ge— meindeverfaſſung, der um ſo beſtimmter feſtgehalten werden muß, je weniger man durch allgemeine Landesgeſetze in das innere Weſen des Gemeindelebens eingreifen darf. Derſelbe iſt in unſerer preußiſchen Gemeindeverfaſſung, in der Stellung