Gemeindeordnung, 105
Bei Herſtellung eines ländlichen Gemeindeweſens wird man darauf zu ſehen haben, daß die Gemeindebezirke nicht zu klein, das Minimum der Seelenzahl nicht zu gering beſtimmt werde; weil bekanntlich mit der Ausdehnung die Kraft jedes Vereins in mehr als arithmetiſcher Progreſſion wächſt. Es iſt daher beſſer, große Gemeindebezirke anzulegen, weil die Nachtheile der Entfernung durch die Bor: theile der Vereinigung bis zu einer weitausgedehnten Gränze überwogen werden. Die zum Theil veralteten Rechtsunterſcheidungen, als Domainen, adlich⸗herrſchaftliche und adlichbäuerliche Grundſtücke; als Erbpachts-, Erbzins⸗-, Chatoull⸗-, kölmiſche, emphyteutiſche Güter ꝛc., find in Beziehung auf die Stellung ihrer Beſitzer zur Gemeinde gänzlich aufzuheben. Güter, deren Bewirthſchaftung zugleich naturgemäß die phyſiſchen Arbeitskräfte ihrer Inhaber in Anſpruch nimmt, werden überall zu den Landgemeinden zu rechnen ſein; ſolche, die durch ihre Ausdehnung den Beſitzer von der phyſiſchen Mitwirkung entbinden, und die nicht etwa Theil eines Dorfes ſind, bilden eine Aſſociation für ſich; ſie erhalten Virilſtimme in der Kreisgemeinde, während den Landgemeinden in derſelben nur eine Kollektivſtimme gebührt.
Ueber Beſchwerden und Mißbräuche in Ortsgemeindeangelegenheiten würde die kreisſtändiſche Verſammlung zu entſcheiden haben: ſofern etwa einem wohlhabenden, wirthſchaſtstüchtigen und unbeſcholtenen Käufer eines Ruſtikalgutes der Konſens und die Aufnahme in den Gemeinderath verſagt würde, oder ſofern über die Ausdehnung des Bankkredits für einzelne Landgemeinden oder Ruſtikalbeſitzer ſich Zwiſtigkeiten erheben ꝛc. Wie das Verhältniß der Orts⸗ zur Kreisgemeinde, ſo geſtaltet ſich wiederum das Verhältniß dieſer zur Provinzialgemeinde und zur provinzialſtändiſchen Verſammlung. Es muß auch das Element des Gemeindelebens zu den höheren Stadien des Staatslebens hinauf— reichen; auch in dieſer Beziehung bedarf es der Inſtanzen und Entſcheidungen durch die Gemeinden ſelbſt. Dagegen