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Die Landgemeinde in Preußen / von Moritz von Lavegne-Peguilhen
Seite
115
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Rechts⸗ und Polizei verfaſſung. 115

den Geldſteuern auch Naturaldienſte auf dem Gebiete des Staatslebens auferlegen müſſen; nur nicht in alter Weiſe als dienende Werkzeuge, etwa als Ortsdiener oder durch Vorſpannleiſtungen c, ſondern durch ſelbſtſtändige freie Theil: nahme am Staatsleben. Es werden die Bürger dem Rufe des Staats zu einer derartigen Theilnahme mit Begeiſte­rung und hingebender Treue folgen, weil ſie durch Lokal thätigkeit zunächſt den eignen Nutzen fördern; weil überall der Gemeingeiſt mit der Bildung und mit der Befreiung von niederbeugenden Sorgen in ſteigendem Maaße wächſt; weil die freie und unbezahlte Wahrnehmung öffentlicher In­tereſſen überall in den Augen der Mitbürger Ehre und äu ßeres Anſehen verleiht; und weil endlich das Staatsleben, ſelbſt in niederer Sphäre dem Geiſte als Nebenbeſchäf­tigung Unterhaltung und Befriedigung gewährt. Nur in dem man die Ruſtikalbeſitzer in der heutigen Verfaſſung läßt, indem man ſie der Verſchuldung Preis giebt, ihnen Kreditinſtitute und verbeſſerte Lehranſtalten verſagt, dadurch ihre Exiſtenz gefährdet, wird man ſie unfähig und ungeneigt machen, Gemeingeiſt und Liebe für das öffentliche Wohl an den Tag zu legen. Es iſt die aus der zügelloſen Gewerbs konkurrenz hervorgegangene Unſicherheit der bürgerlichen Exi­ſtenzen, neben dem Mangel realer Gemeinintereſſen, der Grund, weshalb die Städteordnung ſich noch nicht bewährt hat, weshalb beſonders der Mangel an Gemeingeiſt noch ſo fühlbar iſt.

Zur Bildung der Organe für die lokale Polizei und niedere Gerichtsbarkeit nehmen wir demnach die freie Thä­tigkeit der Land⸗ und Kreisgemeinden, daher beſonders der Ruſtikal⸗ und Rittergutsbeſitzer, in Anſpruch. Das ſich hier darbietende Material iſt um ſo gediegener und zuverläſſiger, je mehr die Grundbeſitzer durch Kreditinſtitute und Erbfolge­ordnung von erheblichen Sorgen befreit, in ihrem Wohlſtande und in ihrer Exiſtenz geſichert, durch tüchtige Lehranſtalten gebildet, und endlich durch die Gemeindeordnung geläutert worden ſind. Denn dieſe geſtattet weder mittelloſen noch

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