Lebensgang und Lebensraum.
Mosche ben Maimun wurde am 14. Nisan, dem Vortage des Pesach- festes, im Jahre 4895 der jüdischen Zeitrechnung (am 30. März 1135) in Cordova in Südspanien geboren. Cordova wurde, seitdem die Araber aus Afrika nach Spanien (im Jahre 711) siegreich eindrangen und die Herrschaft der christlichen, westgotischen Könige verdrängten, gar bald ein geistiges Zentrum der wertvollen arabischen Kultur. Die historischen Ereignisse in der Umwelt wirkten stets auf Juden und Judentum mächtig ein. So war es auch beim politischen und kulturellen Wechsel in Spanien der Fall. Ein Umschwung zum Besseren trat bei den Juden und im Judentum ein. Die Juden, die seit der Römerherrschaft in Spanien ansässig waren, dort Landwirtschaft, Kleingewerbe und Handel trieben, wurden seit der Herrschaft der Westgoten durch die katholische Kirche hart bedrängt, zur Taufe oder Auswanderung genötigt, und atmeten unter der arabisch-mohammedanischen Herrschaft erleichtert auf. Ihrem bürgerlichen Erwerbsleben und ihrem geistigen Streben wurden nicht gar so einengende, niederdrückende Beschränkungen auferlegt. Das Hauptstreben der Juden ging ja immer und überall dahin, sich neben ihrer angestammten hebräischen Kultur, nebst ihrer religiösen und moralischen Kultur auch die Sprache und wissenschaftliche Bildung ihrer Umwelt anzueignen und dem Wohle der Völker wie dem eigenen durch Arbeit und Erwerb, durch die ökonomischen und moralischen Segnungen des Friedens dienen zu können. Sehr rasch eigneten sich die Juden in Spanien die der hebräischen stammverwandte arabische Sprache an und gewannen aus der Kultur der Araber, namentlich aus Dichtkunst, Sprachwissenschaft und Philosophie, reiche Anregungen, die sie für die Erforschung und Bereicherung des eigenen hebräischen Kulturgutes verwerteten.. In staatsbürgerlicher Hinsicht waren sie freilich als „Ungläubige“, wie Juden und Christen im Koran heißen, nicht gleichberechtigt, Wurden sie nur geduldet, aber immerhin geduldet, mit dem Recht, nach den Satzungen ihrer Religion zu leben und ihre autonomen Religionsgemeinden zu verwalten. Tolerante, gebildete Kalifen in Cordova, Granada und in anderen Städten des arabischen Spanien, wie Abdur- rachman, Habus u. a., haben ausnahmsweise Juden, die sich durch besondere geistige Qualitäten auszeichneten, als Leibärzte, als Finanzminister, sogar als Minister und Staatsräte an ihren Hof herangezogen und ihnen wichtige diplomatische Aufgaben anvertraut. Diese jüdischen Staatsmänner, wie Chasdai ibn Schaprut, Samuel Halevi ihn Nagdela u. a., haben dem Kalifat, aber auch dem Judentum, treu gedient. Sie waren bibel- und talmudkundig, wie Samuel Halevi auch literarisch tätig, und förderten materiell und geistig das Aufblühen einer neuhebräischen Kultur, so daß sich im maurischen Spanien seit dem 10. Jahrhundert nebst dem intensiven Studium des Talmud die hebräische Sprachwissenschaft, die neuhebräische Dichtkunst und die Religionsphilosophie reich entwickeln konnte. Den Höhepunkt dieser neuen hebrä-
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