Sturm- und Wanderjahre.
In Maimoinides erste Jünglingszeit — er war eben 13 Jahre alt geworden — fiel ein wichtiges politisches Ereignis von weitreichenden Folgen, die Eroberung Cordovas durch Abdul Mumin, den energischen Führer der fanatischen Almohaden, im Jahre 1148. Mit der politischen Expansion ging bei den Almohaden die religiöse Expansion, die Knechtung der Gewissensfreiheit, Hand in Hand. Sie war im Wesen des Islam begründet und entsprach dem kriegerischen Charakter der Araber. Nun war es um die Toleranz gegenüber den Juden geschehen. Vergessen wurde, was Juden und Mohammedanern gemeinsam war und was in der Predigt des Korans immer wieder betont wurde: der Glaube an den einzigen Gott, den Allmächtigen und Allerbarmer; das Verbot der Vielgötterei, des Götzen- und Bilderdienstes, der Hinweis auf den gemeinsamen Stammvater Abraham, auf die Thora und die Propheten, denen Mohammed das Beste seiner Lehre verdankte. Vergessen und nicht beachtet wurde die sprachliche und rassenmäßige Stammesähnlichkeit, die Ähnlichkeit in manchen religiösen Anschauungen und Riten, die der Koran dem Judentum entlehnte. Betont und hervorgehoben wurde, was Judentum und Islam trennte: das Führertum, das Apostolat Mohammeds, das den Kern des neuen Glaubens bildete; betont wurde das unreligiöse Prinzip, den neuen Glauben durch Feuer und Schwert zu verbreiten; erinnert wurde an die Ablehnung der Anerkennung Mohammeds, des „Gesandten Gottes“, und seines Prophetentums von seiten der Juden, die in Mohammed nicht das sahen, was — wie auch Maimonides sagte — das Charakteristiken des Propheten bildet: die geistige Intelligenz und die sittliche Persönlichkeit. Was konnten die Juden von Mohammeds Kentnissen halten, der historische Erzählungen der Bibel mit Sagen und Legenden aus Talmud und Midrasch vermengt und verwechselt, der z. B. die unchronologische Reihenfolge auf stellt: die drei Erzväter, Jesu, Job, Jona. Aharon, Salomo und David (Sure IV, 121, u. ä. St.), der in seinem Privat- und Eheleben bekanntlich nicht ganz einwandfrei war. Auf diese entschiedene Ablehnung antwortete Mohammed an vielen Stellen im Koran (Sure XVI, XXII u. ä.) mit einem lauten Kriegsruf gegen die ungläubigen Juden. Und dieser Kriegsruf hallt jetzt wider aus den fanatischen Herzen der siegestrunkenen Almohaden. Führer und Geistliche stellten die verängstigten Juden vor die dreifach traurige Wahl: Bekenntnis zum Islam, Auswanderung oder Tod. Für die Frommen, die Seelenstarken, war die Wahl nicht schwer, war die Entsheidung selbstverständlich: Auswanderung!, so sehr sie Land und Heimat liebten, die wissenschaftliche Kultur der Araber schätzten und so dankbar sie auch des Schutzes toleranter Herrscher gedachten.
Mit dem größeren Teil der Judenschaft Cordovas wanderte auch die Familie Maimuns aus, wanderte von Ort zu Ort, zu Lande und zu Wasser, blieb — fast möchte man sagen, selbstverständlich, wenn nicht