den Namen Maimonides ein. Diese Ehrung wurde einst nur den Exilsfürsten in Babylon zuteil.
Maimunis rabbinische Gutachten.
Die Haupttätigkeit eines Rabbiners in früheren Zeiten (und auch in unserer Zeit in frommen, orthodoxen Gemeinden) bestand nebst „Lernen und Lehren“ in der Einführung und Durchführung religiöser Verordnungen (tekanot) und in der Erteilung von Bescheiden und Gutachten über Fragen des Ritus und über zivilrechtliche Angelegenheiten. In diesem Sinne verwaltete Maimonides sein rabbinisches Amt, nicht etwa als besoldeter „Beamte“ der Gemeinde, sondern als ihr religiöser Führer. Und Maimonides galt allgemein als rabbinische Autorität, an die man sich mit rituellen und zivilrechtlichen Anfragen von weit und breit wandte. Wir besitzen eine reiche Sammlung solcher Gutachten (Seelot utesubot) Maimunis, die sich durch souveräne Beherrschung des Talmud und der rabbinischen Literatur, durch Sachlichkeit und Treffsicherheit, durch prägnantes Urteil und lapidaren Stil auszeichnen. Aber nicht bloß in „religions-gesetzlichem“ Belange sind diese Gutachten wertvoll, sondern auch in kulturgeschichtlicher und religionsgeschichtlicher Hinsicht sind sie interessant und lehrreich.
Wir greifen aus der reichen Fülle der Gutachten nur einige wenige heraus. Inwiefern sind astronomische Kenntnisse wichtig? Abgesehen von ihrer praktischen Wichtigkeit für die Kalenderbestimmung, empfiehlt der Talmud — sagt Maimonides — die Kentnnis des gestirnten Himmels, weil man daraus die Größe Gottes erkennen kann. Wer denkt dabei nicht an den berühmten Ausspruch Kants: Zwei Dinge erfüllen uns mit Staunen und Bewunderung (und lassen uns Gott ahnen): der Aufblick zum gestirnten Himmel und der Einblick ins eigene Gewissen! Darf ein Proselyt die Gebetsformel sprechen: „Unser Gott und Gott unserer Väter“, da er doch anderer nationaler oder rassischer Abstammung ist? Gewiß! Denn er kann sich zur Begründung seiner leiblichen und geistigen Zugehörigkeit zum jüdischen Volke auf Gott, den Schöpfer aller Menschen, berufen. Darf der Jude einen Christen oder einen Mohammedaner in der Thora unterrichten? Im ersteren Falle bejaht Maimonides die Frage, weil die Christen an den göttlichen Ursprung der Thora, die uns durch Moses gegeben wurde, glauben, nur daß sie sie öfter in einer der Tradition widersprechenden Weise erklären; im zweiten Falle verneint er die Frage, weil die Mohammedaner die Göttlichkeit der Thora nicht anerkennen und, vom Standpunkte des Koran aus, Widersprüche in der Bibel zu finden glauben. So könnten die religiösen Dispute leicht zu Gehässigkeiten führen. Darf beim öffentlichen Gottesdienste, wozu laut traditioneller Vorschrift die Anzahl von zehn Männern (Minjan) erforderlich ist, ein Karäer, ein Anhänger der anti- talmudischen Sekte, zum Minjan zugezogen werden? Maimonides
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