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Maimonides : Leben und Werke / anläßlich des 800. Geburtstages geschildert von J. Hirsch
Entstehung
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Ehrenamt einesNagid, einesFürsten der Judenschaft, zu übertragen. Mit diesem Amte war die Verwaltung der jüdischen Gemeinden, ihre Vertretung am Hofe des Sultan und die Gerichtsbarkeit in rituellen und juristischen Angelegenheiten verbunden. Maimonides edlem und festem Charakter ist es gelungen, dieses Amt, das vor ihm ein Zankapfel zwischen Strebern, eine Quelle unlauterer Machinationen, ein Augiasstall von Korruptionen war, wieder zu Ehren zu bringen. Strenge trat er dem Umsichgreifen und Vordringen der Sekte der Karäer, die nur die Bibel anerkannten, aber den Talmud als rabbinische Lehre verwarfen, entgegen, strenge in rituellen Angelegenheiten, doch milde in humaner Hinsicht. Werktätige Nächstenliebe, betont er, sollen wir Karäern, wie auch Nicht­juden, überhaupt allen Menschen gegenüber bekunden und betätigen. Dank seinem Ansehen am Hofe konnte Maimonides als Nagid seinen Einfluß zugunsten der bedrückten Juden in den arabischen Ländern, in Palästina, in Jemen und anderwärts geltend machen.

Das Sendschreiben an die Juden in Jemen.

Während die Juden in Ägypten unter milderen Herrschern Duldung und Religionsfreiheit genossen, litten sie in Jemen, wo einst die Wiege des Islam stand, unter den dynastischen Thronstreitigkeiten und den religiösen Parteikämpfen der Araber. Ein fanatischer Häuptling bemäch­tigte sich der Herrschaft in Jemen und zwang die Juden zur Anerken­nung des mohammedanischen Glaubens. Viele nahmen zum Schein den Islam an. Aber gar leicht konnte dort, wo den Juden aus Mangel an religiösen Kenntnissen eine starke religiöse Überzeugung fehlte, aus dem Lippenbekenntnis durch Gewöhnung eine scheinbare Überzeugung wer­den, aus dem Scheinmohammedanismus ein eingebildeter Mohammeda­nismus. Aus Apostaten werden ja zuweilen Apostel des neuen Glaubens. Ein solcher Apostat, Samuel ben Jachja ibn Abbas mit Namen, trieb unter den armen, unwissenden Juden in Jemen Propaganda für den Islam und betonte, daß schon die Thora Mosis eine Andeutung auf Mohammed enthalte (der Zahlen wert der Worte: bimod meod im göttlichen Segen an Ismael, den Sohn Abrahams, Gen. 17, 20 , sei nämlich gleich dem des Namens Mochamed). In Deut. 18, 15 sagt Moses: einen Propheten aus deiner Mitte, von deinen Brüdern, gleich mir, wird dir der Ewige, dein Gott, erstehen lassen daher sei der Islam die Erfüllung der Thora, die Ablösung des Judentums. Dazu kam noch, daß in jener Zeit, wie zu allen Zeiten der gehäuften Leiden und der grausamen Verfolgungen, die Messiashoffnung in den gequälten Judenherzen lebendiger wurde und fromme Schwärmer als Vorläufer des Messias oder gar als Messias sich ausgaben und das arme Volk irreführten. So war es damals auch in Jemen dejr Fall. In dieser doppelten Not, der von außen drohenden und der von innen wühlenden, wandte sich ein frommer und gelehrter Rabbi (Jaakob ben Natanael) in Jemen an Maimonides um Rat und Trost für das Volk.

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