Heft 
(1955) 1
Seite
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Aus: WILHELM TELL

Stauffacher:

Wir haben diesen Boden uns erschaffen Durch unsrer Hände Fleiß, den alten Wald,

Der sonst der Bären wilde Wohnung war,

Zu einem Sitz für Menschen umgewandelt,

Die Brut des Drachen haben wir getötet,

Der aus den Sümpfen giftgeschwollen stieg,

Die Nebeldecke haben wir zerrissen,

Die ewig grau um diese Wildnis hing,

Den harten Fels gesprengt, über den Abgrund Dem Wandersmann den sichern Steg geleitet,

Unser ist durch tausendjährigen Besitz Der Boden und der fremde Herrenknecht Soll kommen dürfen und uns Ketten schmieden Und Schmach antun auf unsrer eignen Erde?

Ist keine Hülfe gegen solchen Drang?

Nein, eine Grenze hat Tyrannenmacht,

Wenn der Gedrückte nirgends Recht kann finden,

Wenn unerträglich wird die Last greift er Hinauf getrosten Mutes in den Himmel Und holt herunter seine ewgen Rechte,

Die droben hangen unveräußerlich

Und unzerbrechlich wie die Sterne selbst

Der alte Urständ der Natur kehrt wieder,

Wo Mensch dem Menschen gegenüber steht

Zum letzten Mittel, wenn kein andres mehr Verfangen will, ist ihm das Schwert gegeben Der Güter höchstes dürfen wir verteidigen Gegen Gewalt Wir stehn vor unser Land,

Wir stehn vor unsre Weiber, unsre Kinder!

2. Aufzug, 2. Szene

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