Heft 
(1955) 3
Seite
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Afrikas, doch überwintert bereits ein erheblicher Teil in Ägypten. Ich traf sie dort in allen Wintermonaten einzeln an.

Zilp, zalp ruft es aus den nahen Eidien; es ist der Weidenlaubsänger, ein sehr kleiner Vogel, dem man einen solchen Stimmenaufwand kaum Zu­trauen könnte. Ihm an Art nahestehend ist der Gartenlaubvogel, auch Gelb­spötter und Sprachmeister genannt. Er trägt den letzten Namen zu vollem Recht, ein unermüdlicher Sänger, gönnt sich auch in den schwülen Mittags­stunden keine Ruhe. Ja, wirklich sprechend ist sein Vortrag. Der Vor­jährige hatte es stark mit demGriechisdien, Worte, wie poli, poli, zacharit, zncharit, speri konnte man klar und deutlich heraushören. Fernab im Roggenfeld sitzt ein andererSpötter, auch er ist unermüdlich, aber seine Vortragsart ist ungleich hastiger, mehr überstürzend und mit vielem korre- korre, kerr, kerr vermischt; es ist der Sumpfrohrsänger, ein kleiner, bräun­lich gefärbter Vogel. Der hier zufällig einmal vorkommende Schilfrohr­sänger gleicht ihm in Gefiederfärbung und Gestalt aufs Haar, verfügt aber über bedeutend geringere Stimmittel. Fast gleich gefärbt ist ebenfalls der bedeutend größere Drosselrohrsänger, welcher unsere Gegend aber nach der Regulierung der Löcknitz verlassen hat.

Herbst wird es, der Wald hat sein farbiges Ubergangskleid angezogen, viele unserer gefiederten Freunde haben uns verlassen. Wacholderdrosseln auf dem Zuge nach Süden, unter denen sich auch eine Weindrossel be­findet, hüpfen mit plumpen Sprüngen auf der Waldwiese, schnell einen kleinen Reiseimbiß aufnehmend und weiterstreichend.

Abends kommen einige Rotkehlchen zur Vogeltränke an den nahen Bach. Später stellt sich, wenn auch selten einmal, ein Wasserpieper ein, und wer viel Glück hat, sieht zufällig ein Blaukehlchen.

Doch die Jahreszeit rückt weiter, Schnee liegt auf dem Waldboden, die Bäume haben sich einen weißen Mantel angezogen, Schweigen herrscht in der Natur. Leise tönt es plötzlich ziet, ziet, ein Trupp Schwanzmeisen fliegt nahrungsuchend von Baum zu Baum, von Zweig zu Zweig; vergesell­schaftet mit einigen Kohl-, Sumpf-, Blau- und Haubenmeisen, worunter sich sehr selten einmal eine Tannenmeise befinden mag. Aber der Trupp ist bald vorüber, und wieder herrscht Schweigen, winterliche Ruhe in der Natur.

PAUL GANZLIN

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