Heft 
(1955) 3
Seite
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Ein helles Pfeifen aus dem Walde und gleich darauf ein hastiges Hämmern; es ist der Schwarzspecht. Sonst ein Bewohner finsterer Hochwälder, scheint er seit einigen Jahren seinen Lebensraum zu wechseln, um sich den mehr lichteren Waldungen der Prignitz anzupassen. Grün- und Grauspecht sowie der große Buntspecht sorgen auch hier für die Vertilgung des Ungeziefers. Letztere Spechtart ist hier die häufigste, während der mittlere Buntspecht und der Kleinspecht zu den seltener vorkommenden Arten gehören.

Stare fallen hier im Walde während der Brutzeit durch ihre recht erheb­liche Menge auf. Kuckuck und Pirol lassen ihre typischen Rufe bereits in zeitigster Morgenfrühe erklingen. Die Weibchen der erstgenannten Art legen ihre Eier bekanntlich in die Nester kleiner Singvögel, während der Pirol ein wahrer Baukünstler ist. Fast exotisch klingt sein Ruf im deut­schen Walde, und prächtig ist sein Hochzeitskleid; trägt er doch auch den schönen wissenschaftlichen Namen Oriolus, oriolus galbula. Der Ringel­tauber übt seinen Balzflug aus, hoch oben in den Birkenkronen brüteten im vorigen Jahre ein Paar Türkentauben.

In den belaubten Baumkronen und zum Teile im Unterholz sind in gün­stigen Jahren alle vier bei uns häufiger vorkommenden Grasmückenarten vertreten. Die schwarzköpfige Grasmücke mit ihrem herrlichen Schlag sowie die seit einigen Jahren seltener vorkommende Gartengrasmücke sind neben unserer Nachtigall unsere besten Singvögel, führen aber in den dicht belaubten Bäumen und im höheren Gebüsch ein recht verstecktes Leben und sind daher schwieriger zu beobachten, während die etwas kleinere Zaungrasmücke, mit kurzem, leiserem Gesang, mehr in Boden­nähe im niedrigen Gebüsch anzutreffen ist. Die Dorngrasmücke, unsere häufigste Grasmückenart, liebt mehr freistehendes Gebüsch und trägt von einer Zweigspitze aus oder plötzlich balzend in die Höhe fliegend, ihren sprudelnden Gesang vor. Ein sehr verstecktes Leben führt hier ebenfalls die Heckenbraunelle, ein wenig auffallender, unscheinbarer, schlanker Vogel, im dichtesten Gebüsch. Sie ist weit häufiger, als wie im allgemeinen angenommen, da sie leicht übersehen wird. Im dichten Gesträuch, ver­mischt mit etwas totem Buschwerk, brütet hier fast alljährlich unsere Nachtigall. Ihr Gefieder ist einfach, erdfarbig, aber schön, einzig ist ihr Schlag. Niedrig übet dem Boden auf Zweigen mit etwas erhobenem Schwänze und lässig herabhängenden Flügeln sitzt sie ruhig da. Befreit man den Erdboden in ihrer Nähe vom trockenen Laub, so daß der schwarze Waldboden sichtbar wird, kommt sie bald eifrig herbei, da sie dort Insekten vermutet. In der kalten Jahreszeit zieht sie bis ins Innere

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