Heft 
(1955) 3
Seite
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Pftngjfc öfter Sterlingen

IN DER PKIGNITZ

Ein alter Brauch, der nicht mehr ausgeübt wird, war das Pflngst- oder Eiersingen. Es wurde von zwei Gruppen der Dorfjugend alljährlich am Pfingstsonnabend veranstaltet. Die eine Gruppe bildete die Jugend der Bauern (Bauern und Kossäthen) und die andere die Jugend der Arbeiter. Ohne die Pferde zu gebrauchen, zog jede Gruppe einen Wagen an eine Stelle des Waldes, wo reichlich Birkenreisig geladen werden konnte. Auch beladen mußten die Wagen ohne Gebrauch der Pferde heimgebracht und auf ein Gehöft gefahren werden. Von der zur Gruppe gehörigen Jugend. Jungen wie Mädchen, wurde der Wagen geschmückt. Jeden Wagen zierte ein Turm, der aus Rüststangen gebaut wurde. An den beiden Enden des Dorfes wurden Festbogen aufgebaut, so hoch, daß die Wagen, die nun von Pferden gezogen wurden, mit ihren Türmen nicht anstoßen konnten. Das eigentliche Eiersingen begann gegen Abend.

Damit die beiden Gruppen sich gegenseitig nicht stören konnten, begann jede Gruppe ihr Singen am entgegengesetzten Ende des Dorfes und an der entgegengesetzten Straßenseite.

Die Bewohner stellten für die beiden Gruppen schon vorher Eier und Speck bereit. Der Truppwagen hielt Vor dem Hause an; die Jugend sang einige Lieder und spendierte den Frauen einen süßen Likör und den Männern einen Schnaps. Sie erhielt dafür als Gegenwert Eier und Speck. Die Eier wurden in einer großen mitgeführten Kiepe (Korb) gesammelt und ebenso der Speck.

Nach beendetem Rundsingen begab sich jeder Trupp in eine der beiden Gastwirtschaften. Rührei mit Speck und ein kräftiger Trunk bildeten den Abschluß des Singens. Die Gaben waren immer so reichlich, daß nie alles vertilgt werden konnte. Die zurückgebliebenen Spenden wurden verkauft, mit dem Erlös die wenigen Kosten des Umzuges gedeckt und ein erübrigter Betrag für später aufbewahrt.

Im ersten Weltkriege wurde in unserem Dorf Legde das Eiersingen vom damaligen Bürgermeister verboten, weil es oftmals in sinnloser Betrunken­heit der Jugend endete.

Der Brauch kam nach dem Kriege noch einige Male hier und da in Übung, schlief aber dann in unserer Prignitz in den Jahren nach 1930 völlig ein.

HAMMLING

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