nügen. Für unsere heutigen Begriffe waren Unterbringung und Versorgung der Patienten unzureichend und man liest von Dingen, die anekdotenhaft erscheinen: von der Wärterin, die Stücke aus einem Totenkleid schnitt, um daraus Kleider für ihre Kinder zu schneidern, die sich dann für ihr Vergehen damit rechtfertigte, die Leiche hätte sonst nicht in den zu kleinen Sarg gepaßt, und von dem Wärter, der Kranke auf seinem Acker arbeiten ließ, da der Arzt ja ihnen Beschäftigung verordnet hätte. Und dann wird von der Enge des Hauses berichtet. Viele Aktenseiten werden ausgefüllt von Plänen, von dem Für und Wider um einen Krankenhausneubau. Und damit kommen wir zu einer wichtigen Erscheinung: Wie ein roter Faden zieht sich durch die Geschichte des Perleberger Krankenhauses der Platz- und Bettenmangel. Auch heute stehen wir wieder vor dem ersten und schwer zu lösenden Problem der Unterbringung unserer Patienten.
Doch hören wir erst einmal, was von dem Neubau erzählt wird, der in der Bergstraße errichtet wurde. Nicht weniger als 10 Plätze wurden von der Baukommission vorgeschlagen. Um nur einige zu nennen: Der Fliederhain an der Feldstraße, die Wilsnacker Straße in der Nähe des Bahnüberganges — für die Eisenbahn scheinen die Baukommissionen immer eine Zuneigung gehabt zu haben — die Eichenpromenade, die Bleiche, wo jetzt die Knabenschule steht, die Wittenberger Straße, Ecke Lanzer Chaussee, der Exerzierplatz in der Lindenstraße wurden in Erwägung gezogen. Schließlich wurde mit Geldzuschuß des Kreises der Bau des Gebäudes in der Bergstraße am 28. September 1903 in Angriff genommen, und am 6. März 1905, also vor 50 Jahren, wurde das neuerbaute Krankenhaus der Stadt Perleberg feierlich eingeweiht.
Es folgten nun Jahre, in denen sich die ärztliche und pflegerische Betreuung der Patienten verbesserte. Den alten Perlebergern wird der Name des Sanitätsrates Dr. Lohaus noch bekannt sein, der als erster Chefarzt des Krankenhauses jahrzehntelang tätig war. An fachlichem Personal arbeiteten nur acht Schwestern in dem neuen Haus. — Die Raumnot war nur für einige Zeit behoben. Die Stadt Perleberg entwickelte sich weiter, wenn auch nicht durch Schaffung neuer Handwerksbetriebe oder größerer Produktionsstätten, so doch durch die Vergrößerung der Garnison. Wenn auch in einem Magistratsbeschluß vom 24. Januar 1905 festgestellt worden war, daß das Krankenhaus nur für den Stadtbedarf errichtet worden sei, so ließ sich die Aufnahme von Patienten aus dem Kreisgebiet nicht umgehen. Mit 60 Betten war die Belegungsmöglichkeit des Hauses angegeben. Diese reichten bald nicht mehr aus. So begann wieder ein Planen und Beraten, ein Verneinen und Bejahen von verschiedenen Projekten. Man entschloß sich zu einem Erweiterungsbau, der an das vorhandene Gebäude sich anglie-
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