Heft 
(1955) 7
Seite
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Stepenitzinsel, auf der Perleberg liegt, vollkommen paßt. An anderer Stelle deutet er den slawischen Namen auch mitLehmdorf,Lehm­hütten.

3. Professor Stuhl erklärt germanisch. Er hält unsere Prignitz für ein altgermanisches Pferdezuchtgebiet und bringt die meisten hiesigen Ortsnamen in irgendeine Beziehung zum Pferd. Für Perleberg sagt er, daß das Stammwortperdle sei, eine Bezeichnung für besonders kleine Pferde. Danach sei also Perleberg eine ArtPonygestüt gewesen.

Nun, die letztere Deutung erscheint uns fraglos etwas gesucht, obschon die Prignitz zur Germanen-(Bronze-)zeit zweifellos dicht bevölkert war und auf hoher Kulturstufe stand, wie es allein schon das Königsgrab Seddin mit seinen einstigen Ausmaßen und seinen wertvollen Einlagen beweist.

Die zweite Deutung kann insofern eine gewisse Möglichkeit für sich be­anspruchen, als nach dem Fortzug der Germanen aus unserer Heimat (um 350) sich dieselbe ab 500 mit Slawen auffüllte und in dieser Zeit sehr viele Siedlungen entstanden sein werden. Gegen die slawische Herkunft des Namens, wenigstens in der Deutung, wie Vogel sie anführt, spricht aller­dings etwas die Tatsache, daß auch im rein deutschen Siedlungs- und Sprachgebiet Westfalen der NamePerleburg zu finden ist.

Die erste Deutung, die von Beckmann, scheint auch uns die wahrschein­lichere zu sein. Der von dem Bächlein immerhin noch 1 km entfernte einstige Ortskern auf der Stepenitzinsel wird dabei seinen Namen nicht von diesem kleinen Wasserlauf, der heute immer mehr verkümmert und zuwächst, erhalten haben, sondern von der Tatsache, daß die in der Über­lieferung oft erwähnten Stepenitzmuscheln mit ihren Perlen in früheren Zeiten einmal wirklich in unseren heimischen Gewässern vorhanden waren. Besonders zahlreich vielleicht eben in dem Zulauf, der vom Fuße des Wein­berges kam, und der daher auch auf den NamenPerle getauft wurde. Eine starke Unterstreichung der Wahrscheinlichkeit der Beckmannschen Deutung dürfen wir auch darin sehen, daß der nach seiner Stadtgründung (1239) immer selbständiger werdende Ort das alte feudalrechtliche Stadt­siegel (die Gans auf dem Stadttor) abschaffte und als neues Stadtsiegel die Perle erwählte. Die Perle muß für unsere Stadtväter vor 700 Jahren also eine besondere und innige Beziehung zur Stadt und ihrem Namen gehabt haben. Noch heute ist sie unser Siegel und unser Stadtwappen. Von der großen Perle in der Mitte geht der Glanz in acht Strahlen aus. In jedem Strahlenwinkel ist eine weitere Perle eingebettet. In manchen Darstellun­gen finden wir zusätzlich noch zwei Kränze kleinster Perlen, die sowohl das Ganze als auch die große Perle in der Mitte umschließen.

A. H.

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